Gemeinsame Tagung „Weltoffenheit und Interkulturalität – Aufgaben für die schulische Bildung“ von Konrad-Adenauer-Stiftung und Deutschem Lehrerverband

Die gefährlichste Weltanschauung ist die der Leute, welche die Welt nicht angeschaut haben!“

Auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung und des Deutschen Lehrerverbandes (DL) kamen in Berlin unter dem Titel „Weltoffenheit und Interkulturalität – Aufgaben für die schulische Bildung“ am 05.11.2018 Lehrkräfte, Bildungspolitiker, Wissenschaftler und Vertreter von Bildungs­institutionen und Stiftungen ins Gespräch über die besonderen Herausforderungen an Schulen in einer interkulturellen Gesellschaft. Thomas Köhler, Leiter der Hauptabteilung Politik und Beratung der Konrad-Adenauer-Stiftung betonte die Bedeutung eines Perspektivwechsels: Man müsse weg von einer Defizitorientierung, hin zur Würdigung der Potenziale, die in interkultureller Kompetenz liegen. DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger hob hervor: „Weltoffenheit und Interkulturalität sind überaus wichtige, zentrale Bildungsziele. Offenheit für andere Kulturen setzt aber voraus, dass man selbst über eine kulturelle Identität, einen wertegebundenen Standpunkt verfügt, von dem aus die Welt erschlossen werden kann.“

Die Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission Prof. Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin a. D., öffnete eine weltpolitische Perspektive auf Bildung, indem sie an die Millenniumsziele zur Bildung erinnerte und den UNESCO-Anspruch zur Global Citizen Education als eine Erziehung zur Weltoffenheit definierte. Sie wies auf einen Alexander von Humboldt zugeschriebenen Gedanken hin: „Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.“ Kultusministerin Karin Prien aus Schleswig-Holstein ging auf landes­politische Perspektiven ein und betonte: „Gemeinsamkeit, Integration – das fängt mit der Kommunikation an, also der Sprache. Sprache ist der Schlüssel zu gesellschaftlicher Teilhabe – deshalb unterstützen wir Schulen bei einer sorgfältigen Sprachbildung. Ein wichtiger weiterer Baustein ist die bessere Integration der Eltern von Kindern mit Migrationshintergrund in das schulische Leben. Wir müssen deutlich sagen, dass Bildung und Erziehung gemeinsame Aufgabe von Eltern und Schule sind.“

Die Schriftstellerin Ulrike Draesner gab im Gespräch mit dem Moderator der Tagung, dem Korrespondenten der ZEIT Thomas Kerstan, Einblick in ihre interkulturellen Erfahrungen: Die durchaus natürliche Angst, die in der Begegnung mit dem „Anderen“ entstehen kann, sei immer nur ein Anfangspunkt der Auseinandersetzung und sollte nie der Endpunkt der Kommunikation sein.

Weitere Vorträge informierten über den europäischen Bildungsraum und die Weiterentwicklung des Erasmus-Programms (Michael Teutsch von der Generaldirektion Bildung, Jugend, Sport der Europäischen Kommission) und den interkulturellen Bildungsbedarf in der globalisierten Ökonomie (Prof. Dr. Axel Plünnecke, IW Köln). Schulleiterin Christine Georg von der Schule am Mainbogen in Frankfurt/Main gab einen detaillierten Einblick, wie Interkulturalität an einer Gesamtschule, an der 97 % der Schülerschaft einen Migrationshintergrund hat, gestaltet werden und gelingen kann. Prof. Dr. Ulrike Vogl von der Universität Gent analysierte die gegenseitige Wirkung von Biographie, Mobilität und Fremdsprachenerwerb unter jungen vielsprachigen Studierenden. Prof. Dr. Ludwig Haag betrachtete die Anforderungen an Lehrpersonen, die eine interkulturelle Schülerschaft unterrichten.

Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, DL-Vizepräsidentin und Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbandes unterstrich die Wichtigkeit der Interkulturalität für den alltäglichen Unterricht: „Mehrperspektivität eint die wissenschaftspropädeutische und interkulturelle Bildung an der Schule: So wie wir im Geschichtsunterricht mit verschiedenen Quellen umgehen, so sollten wir unterschiedliche kulturelle Blickweisen im Unterricht wahrnehmen und vergleichen. Dies wollen wir in der Schule reflektiert tun.“

DL-Vizepräsident Jürgen Böhm, Vorsitzender des VDR, stellte fest: „Bildung muss weltoffen und interkulturell sein. Dazu gehören eine klare Werteerziehung, Demokratiebildung und differenzierte Bildungsangebote. Gerade Kindern mit Migrationshintergrund müssen vielfältige Bildungschancen eröffnet werden.“

Auch für die berufliche Bildung sind Vielsprachigkeit und Weltoffenheit von großer Bedeutung. DL-Vizepräsident Eugen Straubinger, Vorsitzender des BvLB betonte: „Weltoffenheit und Interkulturalität sind oft Teil der gelebten Werte an berufsbildenden Schulen. Die Schulen sind wie keine andere Schulform Chancengeber und Bildungseinrichtung für junge Menschen mit vielfältigen Stärken und Interessen und können auch Schwächen auffangen.“ Der DL-Vizepräsident und Co-Bundesvorsitzende des BvLB Joachim Maiß ergänzte: „Daher finden sich Aspekte wie Toleranz, Wertschätzung und Offenheit häufig in den Schulprogrammen berufsbildender Schulen. Investition in berufsbildende Schulen ist daher auch die Förderung von Weltoffenheit und Vielfalt.“

Bildung und Erziehung sind die Schlüssel, um den Wandel durch Zuwanderung zu meistern. Unsere Lehrkräfte und Erzieher kennen die Herausforderungen, brauchen aber die Anerkennung und Unterstützung, um diese angemessen umzusetzen“, stellte Dr. Bernd Uwe Althaus von der Katholischen Erziehergemeinschaft KEG fest und mahnte: „Hier sind die Länder gefordert, endlich für die angemessenen Gelingensbedingungen zu sorgen.“

Unter allen Tagungsbeteiligten herrschte großer Konsens, dass die Erziehung zur Weltoffenheit eine ganz wichtige Querschnittsaufgabe von Bildung und Lehrplänen in allen Schularten und allen Bundesländern werden muss.

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Für Stellungnahmen erreichen Sie DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger unter 0172 – 28 45 840.

Für den Inhalt verantwortlich: Geschäftsstelle Deutscher Lehrerverband – Anne Schirrmacher