Mit Bestürzung und Trauer reagiert der Deutsche Lehrerverband auf die Medienberichte von einem Amoklauf an einer Schule im österreichischen Graz. DL-Präsident Stefan Düll: „Wir sind fassungslos und denken mit Trauer und Mitgefühl besonders an die Opfer und ihre Angehörigen – und an alle Mitglieder der Schulfamilie am Bundesoberstufenrealgymnasium in Graz.“
Der Verbandspräsident fährt fort: „Unweigerlich gehen in einer solchen Situation die Gedanken an die Schulen, an denen wir arbeiten, die unsere Kinder und Jugendlichen besuchen. Die Wahrscheinlichkeit eines Amoklaufs ist gering, aber nicht völlig ausgeschlossen.“
Stefan Düll erläutert, dass seit den Amokläufen von Erfurt und Winnenden Schulen und Schulleitungen sich intensiv mit dem Thema beschäftigten. In Zusammenarbeit mit Polizei und Schulträgern erstelle jede Schule Sicherheitskonzepte, die auf die Schule und ihre baulichen Besonderheiten zugeschnitten seien, diese würden jährlich aktualisiert.
„Das Verhalten im Ernstfall einer Gefahrensituation wird in Grundzügen geübt. Da es nicht die eine Amoklage gibt, gibt es keine einheitlichen Szenarien“, führt der DL-Präsident aus. „Als Grundregeln gelten das Verbarrikadieren im Unterrichtsraum bei Schüssen oder Amokalarm. In modernen bzw. modernisierten Schulgebäuden gibt es inzwischen oft Lautsprechersysteme für Durchsagen und Telefone in Klassenräumen, um die Kommunikation auch ohne Handy zu sichern.
Schulen sollten mit Krisenplänen und Kriseninterventionsteams vorbereitet sein. Diese Teams erhalten Schulungen und bilden sich regelmäßig weiter und tauschen sich aus. Neben Amokläufen reagieren sie auch auf andere Krisensituationen im Schulumfeld, z.B. bei schweren Unfällen oder Naturkatastrophen. Informationen etwa über Erste-Hilfe-Trainings oder Verhalten in verschiedenen Notsituationen werden im Rahmen von Konferenzen und internen Fortbildungen an die Lehrkräfte eines Kollegiums weitergegeben.“
Stefan Düll schlägt vor: „Aus meiner Sicht wäre es gut, wenn jede Schule einen Sicherheitsbeauftragten hat, der alle Aspekte von Sicherheit an einer Schule koordiniert und pädagogisch unterfüttert. Das geht von der Verkehrssicherheit, Gesundheitsförderung und Prävention über Unfall- und Brandschutz bis zu Katastrophenlagen. Auch der regelmäßige Kontakt zu den Blaulichtorganisationen würde über diese Person laufen. Für diese Aufgaben braucht es Entlastung von der Unterrichtstätigkeit, wie es sie für den Datenschutzbeauftragten vielfach gibt. Die Sicherheit von Leib und Leben sollte uns hier mindestens so wichtig sein wie der Schutz von Daten.“
Im Hinblick auf Vorschläge wie Eingangskontrollen mit Wachpersonal und Scannern, wie sie in den USA verbreitet sind, weist der Verbandspräsident darauf hin, dass solche Sicherungen im Widerspruch stehen zum sehr freiheitlichen Verständnis von Schule bei uns: „Es gibt keine unüberwindbaren Zäune oder Maschendraht, Lernende verlassen in der Mittagspause, in Freistunden oder im Sportunterricht das Schulgebäude. Leider zeigen die Amokläufe in den USA, dass selbst starke Sicherheitsmaßnahmen nicht alle Amokläufe verhindern. Wer eine solche Tat plant, oft von langer Hand, findet Wege, die Sicherheitsmaßnahmen zu umgehen.“
DL-Präsident Stefan Düll betont: „Aus meiner Sicht entscheidend ist daher eine andere Art der Prävention: Schulen müssen mit ausreichend Lehrkräften sowie Sozialpädagogen, Jugendarbeiter und Schulpsychologen ausgestattet sein, um auf Auffälligkeiten aller Art zu achten und rechtzeitig eingreifen zu können, wenn Schülerinnen und Schüler Probleme haben. Manchmal kommen erste Hinweise auch von Mitschülern, die sich über Aussagen oder das Verhalten anderer Kinder und Jugendlicher Sorgen machen. Wesentlich dafür ist ein gutes respekt- und vertrauensvolles Schulklima. Ich plädiere sehr dafür, die Schulen mit ausreichend Fachpersonal auszustatten. Wir wissen nicht, ob und wie viele Amokläufe durch diese Art der Prävention verhindert werden, doch die Investition in die emotionale und psychische Gesundheit und Sicherheit von Kindern und Jugendlichen lohnt sich in jedem Fall.“
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Für den Inhalt verantwortlich: Geschäftsstelle Deutscher Lehrerverband – Anne Schirrmacher
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