PISA 2022 – was es braucht:

  • Nachhaltige Investitionen in nachhaltige Bildung – aber der Bund verweigert den Digitalpakt und die Länder das Startchancenprogramm.
  • Verpflichtende systematische vorschulische Sprachstandstests in den Kindertagesstätten, ggfs. verbunden mit verpflichtenden Vorschuljahren sowie gezielter Sprachförderung im gesamten Bildungsverlauf – aber dafür braucht es mehr ausgebildetes Kita- und Lehrpersonal.
  • Individuelle Diagnostik und Förderung durch Lehrkräfte – aber man belastet die Lehrkräfte mit Verwaltungskram, der von Schulassistenzen oder digital effizienter erledigt werden könnte.
  • Flankierendes Personal für die sozial-emotionale Förderung, also Personal für Schulassistenz, Schulpsychologie, Sozialarbeit und Jugendarbeit – aber man streitet sich über die Zuständigkeiten zwischen Land und Kommune und zwischen Kultus- und Sozialministerien.
  • Ausreichende Versorgung mit qualifizierten Lehrkräften – aber die Länder haben jahrelang eine auf Kante genähte Einstellungspolitik betrieben und wollen jetzt auch noch die Ausbildung verschlimmbessern; allein die von der KMK für die nächsten zehn Jahre prognostizierten 1 Mio. zusätzlichen Schülerinnen und Schüler erhöhen den Lehrkräftebedarf um 80.000 Personen.
  • Wertschätzung für den Beruf und die Berufung Lehrkraft, sie dienen den Ländern – aber die Länder machen bei den Tarifverhandlungen nicht einmal ein Angebot.
  • Konzentrations- und wertschätzende Lernumgebung durch kleinere Klassen und Lerngruppen – aber es fehlt das Personal.
  • Ansprechende Schulbauten – aber die öffentliche Hand schiebt einen 50-Mrd.-Schulsanierungsstau vor sich her.
  • Digitalisierung mit Sinn und Verstand, lernflankierend statt lernersetzend und fokussierend statt ablenkend – aber die Politik setzt auf Masse statt Klasse und der Bund verweigert den Digitalpakt 2.0.
  • Verantwortlichkeit der Eltern für den Bildungserfolg ihrer Kinder im Sinne vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule – aber das Prinzip ‚Fördern und Fordern‘ wird bei Eltern, wo es notwendig wäre, nicht stringent umgesetzt.

Fazit: Geld allein löst nicht alle Herausforderungen, aber es hilft ungemein. Es braucht ein 200-Mrd.-Euro-Sondervermögen ’nachhaltige Bildung‘ vom Bund und von den 16 Ländern für die nächsten 10 Jahre. Und es muss ein Ruck durch die Gesellschaft gehen – nicht nur im Hinblick auf Bildung, sondern auch hinsichtlich des Klimawandels, der inneren und äußeren Sicherheit, sowie des High-Tech-Standorts Deutschland: Leistung ist etwas wert, Arbeit bereichert das Leben, wir können nicht alles haben, Verantwortung statt Vollkaskomentalität, Anpacken statt Zuschauen, Fördern und Fordern, weniger ’nice to have‘, mehr Notwendiges.

 

Presseschau zur Vorstellung der PISA-Ergebnisse 2022 am 05.12.2023

Am 05.12.2023 wurden die Ergebnisse der PISA-Untersuchungen 2022 veröffentlicht. Die Ländernotiz zu Deutschland und die vollständigen Berichtsbände sind unter https://www.oecd.org/berlin/themen/pisa-studie/ herunterladbar.

Die Ergebnisse fallen für Deutschland wie für viele andere Länder schwächer aus als in den Vorjahren, im Vergleich steht Deutschland aktuell nur noch beim OECD-Durchschnitt oder knapp darüber. In vielen Ländern, so auch in Deutschland, nimmt der Anteil der sogenannten Risikoschüler/innen zu, in Deutschland sind dies in Mathematik 30 Prozent.

Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbands, weist darauf hin, dass die PISA-Ergebnisse nicht überraschend seien, wenn man die Ergebnisse der Leistungsstudien der letzten Jahre betrachtet. Er spricht in zahlreichen Interviews darüber, dass die Schulen zahlreiche zugewanderte Schülerinnen und Schüler integriert haben, in vielen Fällen fehle es aber noch an Sprachkenntnissen, um die entsprechenden altersgemäßen Schulleistungen leisten zu können. In den Spitzenländern wie Japan gebe es deutlich weniger Zuwanderung. Wesentlich sei daher für Deutschland, viel mehr in die frühe Sprachförderung zu investieren, um das aufzufangen. Der Schlüssel zu nachhaltigem Bildungserfolg seien die Grundkompetenzen im Lesen, Schreiben und Rechnen, Schulen bräuchten mehr Unterstützung – Personal und finanzielle Mittel – von allen politischen Ebenen.

DLF.de, 05.12.2023 – Deutscher Lehrerverband: Spracherwerb muss gefördert werden, Welt TV, 05.12.2023 – Pisa-Schock – „Erstaunlich, wenn das noch irgendjemanden überraschen sollte“; Morgenpost.de, 5.12.2023 – Neue Pisa-Studie zeigt dramatischen Absturz in Mathematik, BILD.de, 05.12.2023 – Diese Methode hat unsere Schüler verdorben; NTV.de, 05.12.2023 –  DL-Präsident zu PISA-Ergebnis: „Sind mit Corona und Zuwanderung an Grenze gekommen“; Augsburger Allgemeine, 05.12.2023 – Der nächste Pisa-Schock: Leistungen so schlecht wie nie;

In der eineinhalbstündigen „Redezeit“ des NDR diskutierte Stefan Düll mit einer Schülervertreterin aus Hamburg und einer Wissenschaftlerin vom Institut der Deutschen Wirtschaft über die PISA-Ergebnisse: Neue PISA-Studie: Was läuft schief an deutschen Schulen? (NDR.de, 06.12.2023)

Die Pressemitteilung des Deutschen Lehrerverbands, 05.12.2023 – PISA: Mehr Anstrengungen für den Bildungsbereich ab der frühkindlichen Bildung

Eine Zusammenfassung aller Aspekte, an denen es aktuell im Schulwesen mangelt, von DL-Präsident Stefan Düll: PISA 2022 – was es braucht

Die Pressemitteilungen der DL-Bundesverbände zu PISA:

DPhV – 05.12.2023 – Aktuelle PISA-Ergebnisse zeigen: Fachunterricht muss wieder Priorität erhalten!

VDR – 05.12.2023 – PISA 2022: Die Lehrkraft macht den Unterschied

Die Pressemitteilung der KMK zu den PISA-Ergebnissen: Stärkung der Basiskompetenzen dringend notwendig – PISA 2022-Ergebnisse vorgestellt (05.12.2023)

 

 

 

Bildung in Deutschland – Diagnosen und Perspektiven des Deutschen Lehrerverbandes

  1. Das allgemeinbildende und berufsbildende Bildungswesen in Deutschland steht vor immensen Herausforderungen, von deren Bewältigung nichts weniger als die Zukunftschancen unserer Kinder und Jugendlichen abhängen. Es gibt immer mehr Anzeichen dafür, dass der bisherige Standortvorteil Deutschlands, über ein insgesamt gut funktionierendes Schulsystem zu verfügen, massiv gefährdet ist: zu geringe Investitionen in die Bildung, ein alarmierender Mangel an Fachkräften und Bewerbungen für Ausbildungsplätze, ein massiver Lehrkräftemangel, eine Bildungspolitik, die weniger auf Qualität, sondern mehr auf Quantität setzt, ein immer größerer Mangel an Vergleichbarkeit bei Bildungsstandards, Schulsystemen und Abschlussprüfungen zwischen den Ländern sowie ein signifikanter Rückstand beim digitalen Transformationsprozess.

1.1 Seit Jahren befindet sich das deutsche Bildungssystem im permanenten Krisen- und Ausnahmemodus, in neuerer Zeit verstärkt durch den großen Flüchtlingszustrom 2015/16, dann fortgesetzt durch die Corona-Pandemie und die Aufnahme von Hunderttausenden ukrainischen Schülerinnen und Schülern seit Februar 2022. Diese immer neuen Herausforderungen, für die die Politik nie die dafür notwendigen Ressourcen in vollem Umfang bereit gestellt hat, haben die Kernanliegen guter Bildungspolitik zu stark in den Hintergrund treten lassen: Zu kurz gekommen sind die Förderung eines begabungsgerechten Unterrichts für alle, eine kontinuierliche Steigerung der Lernerfolge, die langfristige Integration von Zugewanderten, die bestmögliche Passung von Bildungs- und Beschäftigungssystem, eine Konzentration auf den Kernbereich des Unterrichtens und ein Fokus auf pädagogisch sinnvolle Digitalisierungsprozesse. Wir müssen deutsche Schulen und das deutsche Bildungssystem krisensicher und zukunftsfest Dazu brauchen wir eine bessere Unterrichtsversorgung, mehr Bildungsinvestitionen, eine Reform der KMK, mehr Handlungs- und Entscheidungsspielräume für Einzelschulen und eine langfristige Orientierung an Qualitätskriterien. Zu dieser Zukunftsfähigkeit und Krisenresilienz gehört in einer Welt der permanenten Krisen, der zunehmenden Polarisierung und Filterblasenbildung in sozialen Netzwerken unbedingt die Demokratie- und Werterziehung. Schule kann dabei aber nur erfolgreich sein in Zusammenwirkung mit Familien und mit Unterstützung gesellschaftlicher Institutionen.

1.2 Neuere Leistungsvergleiche wie die aktuellen Vergleichsstudien zeigen, dass es deutliche Leistungseinbußen insbesondere im Grundschulbereich gibt. Ein immer größerer Teil von Kindern erwirbt nicht einmal mehr die für eine weitere erfolgreiche Schullaufbahn notwendigen basalen Grundkenntnisse bei Lesefähigkeit, Rechtschreibung und Rechnen. Gleichzeitig stellen wir fest, dass immer mehr Kinder bei Schulbeginn eigentlich nicht schulfähig sind und dem Unterricht – beispielsweise mangels deutscher Sprachkenntnisse – gar nicht folgen können. Um dem gegenzusteuern, müssen wir in Deutschland die Frühförderung umfassend intensivieren und gleichzeitig wieder mehr auf eine klare Ergebnis- und Leistungsorientierung an verbindlichen Kriteriena. beim Übergang auf die weiterführenden Schulen achten.

1.3 Das Bildungswesen in Deutschland ist sowohl auf Bundesebene als auch in den meisten Bundesländern chronisch unterfinanziert. Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland beim Anteil der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt unterdurchschnittlich ab. Gerade auch im Interesse des Erhalts eines differenzierten Bildungsangebots und einer verbesserten individuellen Förderung muss in die Bildung pro Schüler mehr Geld investiert werden. Im Zuge der finanziellen Belastung des Bundeshaushalts und der Länderhaushalte durch steigende Energiekosten, Inflationsanstieg und höhere Militär- und Sozialausgaben droht in verstärktem Maße die Vernachlässigung der Bildung. Der DL setzt sich mit Vehemenz dafür ein, dass dies nicht passiert und die Bildungsfinanzierung langfristig auf ein festes Fundament gestellt wird.

1.4 Insbesondere der sich dramatisch verschärfende, andauernde Lehrkräftemangel gefährdet massiv die Bildungsqualität und Bildungsgerechtigkeit in Deutschland. Immer mehr Stellen können überhaupt nicht mehr besetzt werden, gleichzeitig nimmt der Anteil der Quereinsteiger immer mehr zu, von denen sehr viele ohne ausreichende pädagogische, didaktische und fachliche Nachqualifizierung im Unterricht eingesetzt werden. Der Lehrkräftemangel ist derzeit die Hauptbedrohung für die Zukunftsfähigkeit unseres Schulsystems. Die Ursachen des Lehrermangels sind vielfältig, sie reichen vom unterschätzten Geburtenanstieg, dem massiven Abbau von Lehramtsstudienplätzen sowie dem unerwartet hohem Zustrom von Flüchtlingskindern bis hin zur systematischen Verschlechterung von Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen in Schule und Unterricht, wenn zu viel Zeit für unterrichtsferne Tätigkeiten aufgewendet werden muss. Dabei ist auch auf das Versäumnis der Landesregierungen und der Schulministerien hinzuweisen, in den letzten Jahrzehnten keine vorausschauende Personalpolitik für die Schulen betrieben zu haben. Der DL setzt langfristig auf ein Konzept, wonach künftig in Nichtmangelzeiten eine Lehrkräftereserve aufgebaut sowie auf eine Steigerung der Attraktivität des Lehramts durch Senkung der Stundendeputate, Reduzierung der Verwaltungstätigkeiten, bessere Aufstiegschancen und durch Zusammenarbeit in multiprofessionellen Teams mit anderen Professionen Wert gelegt wird.

Auch die Gewinnung und Anwerbung von Quer- und Seiteneinsteigern kann ein Beitrag zur Bekämpfung des dramatisch hohen Lehrkräftemangels sein. Allerdings muss dabei im Interesse der Kinder und Jugendlichen auf eine anspruchsvolle, den Standards der grundständigen Lehrerbildung genügenden universitären und pädagogischen Nachqualifizierung größter Wert gelegt werden.

1.5 Die Bildungspolitik und die Bildungsdebatte in Deutschland sind vor allem auf das allgemeinbildende Schulwesen und auf das Hochschulwesen fixiert. Der für die Berufsbiografie seiner Schülerinnen und Schüler sowie für den Erfolg der deutschen Wirtschaft wie auch für das deutsche Sozialsystem bedeutende Sektor der beruflichen Bildung bleibt in der öffentlichen Wahrnehmung völlig unterbewertet. Dabei fährt Deutschland – wie Österreich und die Schweiz – ausgesprochen gut mit seinen Strukturen beruflicher Bildung, was sich u.a. in der im internationalen Vergleich sehr geringen Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland zeigt. Auch in Zukunft wird ein großer Teil der jungen Menschen über die berufliche Bildung den Einstieg in einen Beruf finden und dort über ein ausdifferenziertes (und noch weiter auszubauendes) Fort- und Weiterbildungssystem berufliche Karrieren erreichen, die mit denen von Absolventinnen und Absolventen der Hochschulen und Universitäten vergleichbar sind. Diese jungen Menschen und deren Qualifikationen müssen stärker in den Fokus der politischen und der bildungswissenschaftlichen Debatten gerückt werden, ihre Wünsche und Bedürfnisse müssen auch im Angebot beruflicher Bildung Berücksichtigung finden. Flankierend dazu ist das bereits in der Sekundarstufe I einsetzende und breit angelegte System der Berufsorientierung weiter auszubauen, das z. B. auch durch neue Formen der Lernortkooperation erweitert und damit weiter professionalisiert werden muss.

1.6 Durch die Erfahrungen der Coronakrise ist deutlicher denn je geworden, wie wichtig der Präsenzunterricht für den Lernerfolg, die Bildungsgerechtigkeit und den Erziehungsprozess ist, wir sehen aber auch, dass das deutsche Bildungssystem beim Digitalisierungsprozess einen erheblichen Rückstand im internationalen Vergleich aufweist. Auch wenn Bildungsstudien zeigen, dass mehr Computer und mehr digitaler Medieneinsatz nicht automatisch zu mehr Lernerfolg führen, müssen unsere Schulen unsere Jugendlichen bestmöglich auf eine Welt vorbereiten, die immer stärker von Digitalisierung geprägt sein wird. Dabei lautet unsere Maxime, dass die Technik unter dem Primat der Pädagogik stehen muss. Neben der Implementation von digitalen Medien in den Fachunterricht, dort, wo ein Mehrwert erzielt werden kann, brauchen wir eine umfassende Medienerziehung, die Kinder dazu befähigt, souverän, kritisch und reflektiert mit modernen Medien umzugehen.

1.7 Schule als eine der ganz wenigen Institutionen, die alle soziale Schichten und Milieus zusammenführt und einen klaren staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag hat, leistet einen wesentlichen Beitrag zur Festigung der Demokratie, zur Achtung der Menschenrechte, zur gegenseitigen Toleranz und zu einem sorgsamen, humanen Umgang miteinander. Der politischen Bildung an allen Schulen und Schularten muss ein höherer Stellenwert eingeräumt werden. Dies bedarf einer entsprechenden Aus-, Fort- und Weiterbildung aller Lehrkräfte.

1.8 Eine erfolgreiche Integrationspolitik ist nur möglich, wenn dafür an den Schulen und im vorschulischen Bereich die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt und die richtigen Konzepte umgesetzt werden. Es sind größere Anstrengungen erforderlich, um sicherzustellen, dass Kinder bei der Einschulung in der Lage sind, dem Unterricht auch sprachlich zu folgen. Dazu fordern wir verpflichtende vorschulische Sprachstandserhebungen und bei festgestellten Sprachdefiziten eine verpflichtende vorschulische Förderung. Dabei setzen wir in Erweiterung traditioneller Sprachförderprogramme auf eine alltagsintegrierte Sprachbildung, die durch Impulsförderung den Erwerb eines Grundwortschatzes bestmöglich unterstützt und garantiert. Außerdem sollte die Politik Anstrengungen unternehmen, die extreme soziale und ethnische Segregation insbesondere in Metropolregionen abzubauen. Etwa durch eine veränderte Städtebau- und Wohnungspolitik, durch einen flexibleren Umgang mit Schulsprengeln und eine angemessene Ausstattung aller Schulen soll der Entstehung und Verfestigung von Brennpunktschulen entgegengewirkt werden.

 

  1. Ein Land, das kulturell, wirtschaftlich und politisch bestehen will, muss in Zeiten fortschreitender Globalisierung ein differenziertes und qualitativ anspruchsvolles Bildungswesen vorhalten. Der Bedarf an Pluralität und an unterschiedlichen Profilen unterschiedlicher Bildungseinrichtungen ergibt sich aus der großen Bandbreite der Begabungen und Neigungen junger Menschen sowie aus der Heterogenität der Qualifikationsanforderungen und Lebensentwürfe.

2.1 Der DL vertritt einen Bildungsbegriff, der nicht vorrangig an wirtschaftlichen Erwägungen ausgerichtet ist. Natürlich ist Bildung auch wichtig, um einem Land qualifizierte Arbeitskräfte zuzuführen und die Konkurrenzfähigkeit auf den internationalen Märkten zu sichern. Bildung hat aber für uns eine umfassende Bedeutung. Erstens ermöglichen gute Bildung und die begabungsgerechte Förderung seiner Fähigkeiten jedem Menschen die Möglichkeit, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen und so zu führen, dass er seine Stärken und Möglichkeiten weitgehend nutzen und ausschöpfen kann (Selbstverwirklichung). Zweitens hat gute Bildung den mündigen Bürger, die mündige Bürgerin im Blick. Unser Ziel ist es, junge Menschen dazu zu befähigen, nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere Verantwortung zu übernehmen. Und drittens sichert gute Bildung einer Gesellschaft auch Wohlstand und die Wirtschaftskraft.

2.2 Mehr Bildungschancen und eine größere Chancengerechtigkeit erreicht man nicht durch Nivellierung von Ansprüchen bzw. durch eine inflationäre Verteilung von Bildungszertifikaten und Abschlüssen bei gleichzeitiger Senkung von Qualitätsstandards. Das würde gerade junge Menschen aus schwierigeren Milieus in ihren eingeschränkten Möglichkeiten festbinden. Selbst ein hochindividualisierender Unterricht zementiert Unterschiede: Je mehr Schüler ihren individuellen Möglichkeiten entsprechend gefördert werden, desto mehr schlägt die individuelle Begabung durch. In einem guten Bildungssystem geht es folglich nicht um Ergebnisgleichheit, sondern um gerechte Startchancen und die Förderung der verschiedenen Begabungen und Neigungen.

2.3 Die Behauptung, weltweit habe sich die Einheits- und Gesamtschule als überlegen durchgesetzt, ist völlig unzutreffend. Für Deutschland gilt: Gesamtschule in Deutschland hat trotz privilegierter Personal- und Sachausstattung die in sie einst gesetzten Erwartungen nicht erfüllt. Der DL erkennt Gesamtschulen als eine Angebotsschulart in einem gegliederten Schulwesen durchaus an, er widersetzt sich aber vehement allen Bestrebungen, das vielgliedrige Schulangebot durch eine Einheitsschule, heißt sie nun Gesamt- oder Gemeinschaftsschule, zu ersetzen. Mit Sorge sieht der DL, dass es in vielen Bundesländern, in denen Hauptschulen aufgelöst oder mit Realschulen verschmolzen worden sind, zu einer problematischen Heterogenisierung der Schülerschaft gekommen ist, ohne dass man deren unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht wird. Durch die Abschaffung von Hauptschulen wurde eben der Hauptschüler oder die Hauptschülerin selbst nicht abgeschafft. Insbesondere die frühzeitige und durchgängige Berufsorientierung, die eine besondere Stärke der Hauptschule war und ist, bleibt in anderen Schulformen häufig auf der Strecke. Folge ist, dass jeweils ein beachtlicher Teil der Schülerinnen und Schüler überfordert und ein anderer unterfordert bleibt. Der DL fordert deshalb eine stärkere, auf die unterschiedlichen Abschlüsse bezogene Leistungsdifferenzierung in der Sekundarstufe 1 und den Erhalt bzw. die Wiedergründung von Realschulen.

Auch das sogenannte „längere gemeinsame Lernen“, das von seinen Befürwortern als Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit angesehen wird, hat die darin gesetzten Erwartungen in keiner Weise erfüllt. Bundesländer mit sechsjähriger Grundschule wie Berlin und Brandenburg sind nicht gerechter und leistungsstärker, sondern in aller Regel ungerechter und leistungsschwächer als der Durchschnitt der Bundesländer.

2.4 Deutschland braucht keine profillosen, vereinheitlichten Schulformen, sondern möglichst vielgliedrig differenzierte und profilierte allgemeinbildende und berufsbildende Schulformen. Ein solches Schulwesen muss noch mehr zur Chiffre für begabungsgerechte individuelle Förderung Letzteres ist möglich, wenn man wie oben ausgeführt den Schulen über eine volle Lehrerversorgung hinaus einen deutlichen Zuschlag an Lehrerstunden gewährt. Mit diesem Zuschlag kann man spezifische Förderkurse nicht nur für leistungsschwächere, sondern auch für besonders begabte Schülerinnen und Schüler einrichten. Individualisierung darf freilich nicht zu einer Auflösung der je eigenen Profile unterschiedlicher Schulformen und Bildungsgänge führen.

2.5 Die Durchlässigkeit des Bildungswesens ist ein hoher Wert. Es ist allerdings zu unterscheiden zwischen horizontaler und vertikaler Durchlässigkeit. Die horizontale Durchlässigkeit zwischen verschiedenen Bildungseinrichtungen in einem differenzierten Schulwesen mit sich deutlich unterscheidenden Schulartprofilen kann nur eine eingeschränkte sein. Wichtiger ist die vertikale Durchlässigkeit. Das heißt: Auf jeden Bildungsabschluss muss ein Anschluss an weiterführende Bildung möglich sein. Dies zeigt beispielhaft das schulische Berufsbildungssystem. Heute erwirbt über ein Drittel der Jugendlichen nach dem Hauptschulabschluss oder ersten allgemeinbildenden Schulabschluss (ESA) noch den Realschulabschluss oder mittleren Schulabschluss (MSA) und davon fast die Hälfte das Abitur. Das ist ein überzeugender Beweis, dass unser Bildungssystem sozialen Aufstieg nicht nur verspricht, sondern auch real ermöglicht.

2.6 Vielgliedrigkeit, Differenzierung und Profilbildung muss sich in den curricularen Inhalten Eine bloße Orientierung an inhaltlich nicht näher beschriebenen Kompetenzen provoziert ein Verwischen der Profile. Konkrete Inhalte sind Voraussetzung für das Entstehen kognitiver Strukturen, für den Aufbau einer intelligent vernetzten Wissensbasis und für die Förderung fachübergreifenden Denkens, für mündiges Urteilen, für anspruchsvolle Kommunikation und für ideelle Orientierung. Die sogenannte Entrümpelungsdebatte ist ein Irrweg. Es ist ein Irrtum, dass in Zeiten von Internet, Suchmaschinen und KI-Tools wie ChatGPT die Vermittlung von Kenntnissen, Fakten und Wissen nicht mehr so wichtig sei. Nur auf der Basis von vertiefter Allgemeinbildung ist angesichts der unübersehbaren Informationsflut eine Orientierung, Bewertung und kritische Reflexion möglich. Grundlegende Bildungsinhalte in fast allen Schulfächern kennen keine Halbwertszeit. Auch KI wird den Prozess der eigenständigen Bildungsaneignung nicht beliebig ersetzen und abkürzen können.

2.7 Ein profiliertes, vielgliedriges und leistungsförderndes Schulwesen erfordert auch eine nach Schularten und Schulprofilen differenzierte Lehrkräftebildung. Jede Nivellierung, Flexibilisierung und Vereinheitlichung von Lehramtsabschlüssen, etwa durch ein gemeinsames Grundstudium, verwischt die Schulartprofile und beraubt letztendlich die einzelnen Lehrämter ihrer spezifischen und besonderen Qualifikationen, also die Vorbereitung auf Ausbildungsreife und Beruf im Grund-, Haupt- und Mittel- bzw. Realschulbereich oder Studien- und Berufsorientierung und die Hinführung zur allgemeinen Studierfähigkeit im gymnasialen Lehramt. Außerdem fordert der DL die Wiederherstellung eines zweijährigen Referendariats in allen Bundesländern.

2.8 Der DL bekennt sich zum Bildungsföderalismus, wie er durch das Bundesstaatsprinzip in Art. 20 GG verankert und durch Art. 79,3 mit einer „Ewigkeitsklausel“ versehen ist. Bei aller notwendigen Differenzierung der Bildungslandschaft und der Bildungsabschlüsse müssen die Ansprüche und die Bildungsabschlüsse im Sinne der Gleichbehandlung vor dem Gesetz (GG Artikel 3) und im Sinne „gleichwertiger Lebensverhältnisse“ (GG Artikel 72) sowie der Gewährleistung innerstaatlicher Mobilität vergleichbar sein. Es ist vorrangig die Aufgabe der Selbstkoordinierungsgremien der deutschen Länder, insbesondere der MPK und der KMK, diese Vergleichbarkeit unter Wahrung der Grundsätze des kooperativen und kompetitiven Wettbewerbs-Föderalismus auf anspruchsvollem Niveau zu gewährleisten. Dazu bedarf es gerade im allgemeinbildenden Bereich keiner Verfassungsänderung und zusätzlicher Kompetenzen des Bundes. Bildungszentralismus würde hier eher nach unten nivellierend wirken. Allerdings müssen die 16 deutschen Länder mehr als bislang auf bildungspolitische Eitelkeiten verzichten und die Kultusministerkonferenz sollte ihrer Koordinierungsaufgabe auch wirklich nachkommen. Dazu bedarf es aus Sicht des DL einer umfassenden KMK-Reform. Hilfreich wäre überdies der Abschluss eines Bildungs-Staatsvertrags zwischen den Bundesländern, in dem die gemeinsame Grundlagen und Standards eindeutig festgelegt werden.

Eines erheblich höheren Maßes an Koordinierung bedarf freilich die berufliche Bildung. Hier sind die Zuständigkeiten zu sehr atomisiert – auf mehrere Bundesministerien, auf Landesministerien und auf Kammern.

 

  1. Ein Bildungswesen muss gerecht sein. Gerecht ist es aber nur, wenn es Chancen zur eigenverantwortlichen Nutzung der Bildungsangebote und zur individuellen Leistungsentfaltung bietet. „Bildungsgerechtigkeit“ darf nicht darin bestehen, dass Strukturen, Inhalte und Anforderungen egalisiert werden. Ein gerechtes Bildungswesen kann nur ein Bildungswesen sein, das einerseits am Leistungsprinzip orientiert ist, aber gleichzeitig im Rahmen seiner Möglichkeiten dafür sorgt, dass für alle Kinder vergleichbare Startchancen bestehen.

3.1 Bildung ist ohne Anstrengung sowie ohne die Investition von Zeit und Energie nicht zu haben. Die Vorstellung, Bildung ließe sich einfach technokratisch-mechanisch vermitteln, geht von einem falschen Bildungsverständnis aus. Erfolgreiches Lernen setzt auch eine eigenständige, auf Anstrengung beruhende Aneignung von Bildung durch den Lernenden voraus. Nur wenn Lehrende und Lernende aktiv zusammenwirken, kann Bildung erfolgreich sein. Auch die Vorstellung, Unterricht müsse vorrangig so gestaltet werden, dass das Lernen stets „Spaß“ macht, ist zu kurz gegriffen. Fördern und Fordern gehören zusammen. Irreführend ist auch die Behauptung, viele Heranwachsende seien durch die Schule überfordert. Dies mag zutreffen, wenn Kinder in die für sie falsche Schullaufbahn gedrängt werden. Selbstverständlich ist aber ebenso eine Drill-Pädagogik asiatischer Ausprägung der falsche Weg. Kinder und Jugendliche wollen aber auch gefordert werden. Nur wenn man ihnen im positiven Sinne auch etwas zutraut und abverlangt, werden sich größere Lernerfolge einstellen.

3.2 Wer das Leistungsprinzip in den Bildungseinrichtungen untergräbt, setzt eines der revolutionärsten demokratischen Prinzipien außer Kraft. In unfreien Gesellschaften sind Vermögensverhältnisse, familiäre Herkunft, Gesinnung oder Geschlecht Allokationskriterien. Freie Gesellschaften haben an deren Stelle das Kriterium Leistung in Verbindung mit Chancengerechtigkeit vor Erfolg und Aufstieg gesetzt. Dies ist die größte und beste Chance zur Emanzipation, zu sozialem Aufstieg und zu umfassender politischer und kultureller Teilhabe für jeden Einzelnen. Durch eigene Leistung errungene Bildung ist der Schlüssel für Freiheit und Selbstverwirklichung.

3.3 Jeder sollte seines Glückes Schmied sein können. Mit Ellenbogengesellschaft oder sozialer Kälte hat das nichts zu tun. Vielmehr ist auch der Sozialstaat zugunsten Benachteiligter, Kranker und Alter nur realisierbar mit der millionenfachen Leistung und Anstrengung der Leistungsfähigen. Sozialstaatlichkeit und Leistungsprinzip gehören in diesem Sinne untrennbar zusammen.

3.4 Beim Start in die Bildungslaufbahn sollten alle gleiche Chancen haben, gleiche Zielchancen kann es nicht geben. Ziel aller öffentlichen Bildungsanstrengungen muss die Integration aller Heranwachsenden in Gesellschaft und Gemeinwesen sein. Dazu brauchen wir einen verstärkten Ausbau und neue alltagsintegrierte Modelle einer verpflichtenden vorschulischen Förderung insbesondere für Kinder, die ansonsten nicht schulfähig wären und dem Unterricht nicht folgen können. Zugleich gilt aber: Chancen sind keine Vollkasko-Garantien, zu Erfolgsaussichten können sie erst durch eigene Anstrengung werden.

3.5 Entgegen vielerlei Behauptungen ist das Bildungswesen in Deutschland sozial nicht ungerechter als das Bildungswesen vergleichbarer Nationen, wie internationale Vergleichsstudien zeigen. Die zahlreichen Schul- und Hochschulgründungen der vergangenen Jahrzehnte kamen gerade bildungsfernen Schichten zugute. Zum Beispiel gibt es in Deutschland rund 50 verschiedene Wege zu einer Studienberechtigung. Der Anteil der Studierenden, die zuvor kein Gymnasium besuchten, ist immer größer geworden und hat in manchen deutschen Ländern die 50-Prozent-Marke überschritten. Nutznießer dieser Entwicklung sind gerade auch Kinder aus nichtakademischen Elternhäusern. Trotzdem befürwortet der DL verstärkte Anstrengungen, den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg mehr zu entkoppeln. Da die Möglichkeiten und Wirkungen staatlicher Interventionen in diesem Bereich aber sehr begrenzt sind, wird es dabei auch darauf ankommen, die Eltern aus sozial benachteiligten Milieus hierbei stärker einzubeziehen und ihnen den immensen Wert von guter Bildung für ihre Kinder zu verdeutlichen.

3.6 Es ist ein sozialpolitisch gebotenes, dem Prinzip der Subsidiarität geschuldetes Ziel, das Bildungsangebot für sozial schwächere Kinder zu verbessern. Um die Zahl der sog. Bildungsverlierer weiter zu reduzieren und um die Barriere der Selbstselektion überwinden zu helfen, muss es noch mehr als bisher gelingen, „bildungsferne“ Schichten zum Besuch weiterführender Bildungseinrichtungen zu motivieren. Eine besondere Aufgabe kommt dabei der vorschulischen Erziehung und der Bildungsberatung zu.

3.7 Deutschland braucht zudem ein Bildungssystem, das auch besonders leistungsfähige und leistungsstarke Kinder und Jugendliche umfassend fördert. Wer individuelle Förderung will, muss auch Begabten und Hochbegabten spezifische Angebote machen. Dabei geht es nicht allein um die Förderung von Spitzenleistungen, sondern auch darum, dass Leistungseliten auch eine besondere gesellschaftliche Verantwortung und Verpflichtung für das Gemeinwohl haben. Vor einem solchen Hintergrund ist selbst Ungleichheit gerecht – nämlich dann, wenn Elite allen nützt, das heißt, wenn das Handeln von Eliten zu einem gesamtgesellschaftlichen Mehrwert führt. Wir brauchen ein Verständnis von Leistung, bei dem neben dem Karrieregedanken der Gedanke der gesellschaftlichen Verantwortung und des Respekts eine maßgebliche Rolle spielt.

3.8 Der DL bekennt sich zum Gedanken der Inklusion, wie er auch in der UN-Behindertenkonvention artikuliert worden ist. Dabei geht es in erster Linie darum, allen Kindern einen Zugang zu Bildung zu eröffnen. Exklusion und Inklusion machen sich für uns nicht am Besuch von Regel- oder Förderschulen fest, sondern daran, an welcher Schulart das jeweilige Kind am besten gefördert und inkludiert werden kann. Der DL ist für ein umfassendes Elternwahlrecht in dieser Frage und für den Erhalt des Förderschulsystems in Deutschland. Dazu gehört auch der Erhalt der hochqualifizierten und hochdifferenzierten Lehrkräfteausbildung im Förderschulbereich.

  1. Die duale Ausbildung als Standortvorteil des deutschen Bildungswesens

4.1 Viele der deutschen Schul- und Berufsabschlüsse unterhalb der formal-akademischen Schwelle sind vergleichbar mit Hochschulabschlüssen andernorts. Daher sind die Akademiker-Quoten international nicht vergleichbar.

4.2 Es gibt keine Korrelation zwischen der Quote der Studierberechtigten und wirtschaftlicher Prosperität. Ein wichtiges bildungspolitisches Kriterium wird ebenfalls häufig übersehen, nämlich das Ausmaß an Jugendarbeitslosigkeit. Hier haben viele Länder mit Gesamtschulsystemen eine Quote von 20 Prozent und mehr. In Ländern mit gegliederten Schulsystemen und dualer Berufsbildung, nämlich in Deutschland, Österreich und in der Schweiz, sind es deutlich weniger. All dies ist vor allem Verdienst des dualen Systems der beruflichen Bildung, zu dem sich der DL vorbehaltlos bekennt.

4.3 Auch die angebliche soziale Durchlässigkeit des Bildungswesens anderer Staaten ist oft ein statistisches Artefakt: Wenn in Finnland die Tochter eines Industriearbeiters Krankenschwester wird, dann gilt sie als Paradebeispiel für die soziale Durchlässigkeit des dortigen Bildungswesens. Wenn in Deutschland die Tochter eines Facharbeiters Krankenschwester wird, gilt dies als Beispiel für die mangelnde soziale Durchlässigkeit unseres Bildungswesens.

  1. Plädoyer für wissenschaftsbasierte, auf hohe Qualität und Konsens ausgerichtete Reformen statt sprunghaftem Reformaktionismus

Ziele, Inhalte und Strukturen eines Bildungswesens müssen einer ständigen Überprüfung unterworfen werden. Reformen und Veränderungen sind aber kein Wert an sich. Vielmehr gilt: Bewährtes ist zu bewahren und behutsam weiterzuentwickeln. Kollateralschäden von verfehlten Bildungsreformen zeigen sich oft erst nach vielen Jahren und Jahrzehnten. Deshalb plädieren wir dafür, notwendigen Reformbedarf zunächst auf der Grundlage überprüfbarer wissenschaftsbasierter Expertisen und Evaluationen zu definieren, um dann auf der Grundlage eines gesellschaftlich breiten Diskussionsprozesses alle Beteiligten einzubeziehen und mitzunehmen.

Die Zeit eines kurzatmigen, oft aus ideologischen Gründen betriebenen Reformaktionismus muss endgültig vorbei sein.

Juni 2023 – Präsidium und Bundeshauptausschuss Deutscher Lehrerverband

als PDF zum Download: DL-Grundsatzpapier_2023 

Meidinger fordert eine Verringerung der Arbeitsbelastung von Lehrkräften in allen Schularten

OECD-Studie unterstreicht den Wettbewerbsvorteil der beruflichen Bildung in Deutschland

Deutschland ist aufgrund der hohen Beschäftigungs- und Berufschancen von Absolventen des beruflichen Schulwesens auch beim Thema Bildungsgerechtigkeit im internationalen Vergleich deutlich besser aufgestellt als viele andere Länder – dies zeige auch der neue OECD-Bericht „Bildung auf einen Blick“, so der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger.

Mit einer Beschäftigungsquote von fast 90 Prozent für junge Menschen mit beruflichem Abschluss liegt die berufliche Bildung gleichauf mit den Beschäftigungschancen von Universitätsabsolventen.

Meidinger forderte in diesem Zusammenhang massive Anstrengungen der Politik und der Wirtschaft, auch in Zeiten von Corona diesen Wettbewerbsvorteil zu erhalten. „Der aktuelle Rückgang von angebotenen Ausbildungsplätzen ist hier ein Warnzeichen, das uns hellhörig machen muss!“ betonte der Verbandschef und bezweifelte, ob die im aktuellen Konjunkturpaket dafür vorgesehenen Maßnahmen ausreichten, um diesen Rückgang aufzuhalten.

Hinsichtlich der von der OECD vorgelegten Daten zur Lehrerbezahlung und der Arbeitsbelastung von Lehrkräften erklärte der DL-Präsident:

„Es ist richtig, dass die Einstiegsbezahlung von Lehrkräften sowohl im Primar- als auch im Sekundarschulbereich signifikant über dem Durchschnitt der OECD-Staaten liegt. Es wird aber auch klar, dass im internationalen Vergleich in Deutschland im Laufe des Berufslebens einer Lehrkraft nur sehr geringe Gehaltszuwächse erwartet werden können, die Aufstiegs- und Beförderungschancen also sehr gering sind.

Dazu kommt die im Vergleich zum Ausland sehr hohe Arbeitsbelastung, die deutlich über dem OECD-Mittel liegt. Ich wundere mich deshalb nicht, dass trotz einer relativ guten Einstiegsbezahlung derzeit viel zu wenig junge Menschen das Lehramt anstreben. Ohne eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, eine Verringerung der Unterrichtsdeputate und bessere Aufstiegschancen werden wir die Attraktivität des Lehrberufs in Deutschland kaum steigern können!“

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Für Stellungnahmen erreichen Sie DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger unter 0160 – 52 75 608.

Für den Inhalt verantwortlich: Geschäftsstelle Deutscher Lehrerverband – Anne Schirrmacher