Insgesamt steigen die Belastungen im Beruf als Lehrkraft – aufgrund mehrerer Ursachen.
Der Lehrkräftemangel gefährdet die Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen. Er führt zu stärkerer Belastung, u.a. durch größere Klassen, häufigere Notwendigkeit, für erkrankte Kolleginnen und Kollegen einzuspringen, und unterrichtsferne Tätigkeiten, die sich auf weniger Personen verteilen. Quer- und Seiteneinsteigende, die den Lehrkräftemangel teilweise auffangen sollen, müssen on Top durch Einzelne aus dem Kollegium gezielt betreut werden.
Heterogenität der Schülerschaft gefährdet die Gesundheit. Die Schülerinnen und Schüler sind in den letzten Jahrzehnten in ihren Leistungen und in ihren Voraussetzungen heterogener geworden – dadurch ist mehr Aufwand und Zeit für die Vorbereitung des Unterrichts nötig. Es muss verstärkt leistungsdifferenziert vorbereitet werden. Dazu kommen unterschiedliche emotional-soziale Kompetenzen, die Kinder und Jugendliche aus ihren Elternhäusern mitbringen. Mitunter geht es statt Unterricht nur noch um die Disziplinierung der Klasse. Diese Situationen können zu deutlich mehr Stressfaktoren im Unterricht führen.
Renitente oder desinteressierte Eltern gefährden die Gesundheit. Einige Eltern nehmen die Schule und Lehrkräfte eher als Gegner wahr oder zeigen völliges Desinteresse an den schulischen Belangen ihrer Kinder, statt eine Erziehungspartnerschaft zu ihrem Wohle und für ihre Bildung einzugehen. Konflikte um das Verhalten und die Leistungen der Kinder oder fruchtlose Kontaktversuche gegenüber den Eltern belasten Lehrkräfte und Schulleitungen zusätzlich.
Die bloße Diskussion um die Reduktion der Teilzeitoptionen gefährdet die Gesundheit. Viele Lehrkräfte sehen sich aufgrund der verschiedenen Zusatzbelastungen nicht mehr in der Lage, als Lehrkraft in Vollzeit zu arbeiten und wollen in Teilzeit gehen oder sind es schon. Für sie ist die Diskussion ein Schlag ins Gesicht, aufgrund des Lehrkräftemangels die Teilzeitmöglichkeiten für Lehrkräfte deutlich einzuschränken. Sie sind verunsichert, demotiviert, kündigen innerlich, erkranken und erleiden gar einen Burnout. Dabei wird übersehen, dass eine Lehrkraft in Teilzeit immer noch besser für die Unterrichtsversorgung ist als eine Lehrkraft, die aufgrund von Burnout oder anderen Erkrankungen zeitweise ausfällt oder sogar in den vorzeitigen Ruhestand gehen muss. Eine voll ausgebildete Lehrkraft in Teilzeit ist zudem gegenüber einer nicht oder oberflächlich ausgebildeten “Lehrkraft” in Vollzeit vorzuziehen. Teilzeit-Optionen sind daher eine Form der Gesundheitsfürsorge und der Qualitätssicherung.
Ein Dienstherr, der seiner Fürsorgepflicht nicht nachkommt, gefährdet die Gesundheit. Er muss die individuelle psychische und physische Gefährdungssituation analysieren, um Maßnahmen der Prävention und Intervention zu ergreifen. Der Aufbau entsprechender Strukturen bzw. arbeitsmedizinischer Dienste steckt hier noch in den Kinderschuhen. Vielfach ist bislang nur die Gefährdungsbeurteilung der Situation von Schwangeren gewährleistet.
Das Abwälzen der Gesunderhaltungsaufgabe ausschließlich auf die Lehrkräfte gefährdet deren Gesundheit. Häufig werden Lehrkräfte Fortbildungsangebote gemacht, wie sie durch Ansätze wie Achtsamkeit, Meditation, gesunde Ernährung und Sport den Stress des schulischen Alltags ausgleichen und damit resilienter werden sollen. So wichtig eine stressausgleichende Lebensweise ist, es braucht mehr, um gesunde Lehrkräfte zu haben. Lehrkräfte sind auf vielen Ebenen zu entlasten. Schulen brauchen mehr flankierendes Personal in den Bereichen Verwaltung, Sozialarbeit, pädagogische Assistenz und Psychologie, um Lehrkräfte von unterrichtsfernen Aufgaben zu entlasten. Zusätzlich muss in die digitale Infrastruktur und die oft stark sanierungsbedürftigen Schulgebäude investiert werden, um die alltägliche Lehr- und Lernumgebung der Schulen für Kinder, Jugendliche und Lehrkräfte zu verbessern.