Praxisorientierter Vorschlag für „Phase 2“:

Praxisorientierter Vorschlag für „Phase 2“ (aktualisiert Mai 2020):

Schrittweise Rückkehr aller Jahrgangsstufen in den Präsenzunterricht unter Beachtung der weiteren Entwicklung der Infektionskurve

PRÄSENZUNTERRICHT IM ZWEIWOCHENTAKT

Problemlage:

Bei voraussichtlich noch lange zwingend einzuhaltenden Abstands-regelungen in Unterrichtsräumen benötigt man für die Rückkehr einer kompletten Jahrgangsstufe an die Schulen, so wie es jetzt in den meisten Bundesländern für die Nachfolgejahrgänge der Abschluss-klassen geplant ist, die doppelte Anzahl von Räumen und auch Lehrkräften, weil Klassen und Lerngruppen geteilt werden und jeweils eigens beschult werden müssen. Dies ist möglich, solange nur maximal die Hälfte der Jahrgangsstufen zurückkehrt.

Deshalb haben sich auch die Bundesländer lange gescheut, einen zeit­lichen Fahrplan für die schrittweise Rückkehr der einzelnen Jahrgangs­stufen vorzulegen, wie es die Eltern, Schüler und Lehrkräfte eigentlich dringend erwarten,. Zudem besteht die Gefahr, dass es mehrere Klas­senstufen geben wird, die in diesem Schuljahr unter diesen Umständen nicht mehr in den Präsenzunterricht zurückkehren werden.

Das aber würde bedeuten, dass eine große Anzahl Schüler noch für Monate ausschließlich auf das „Homeschooling“ verwiesen wird, von dem wir wissen, dass es erstens bei weitem nicht so effektiv wie echter Schulunterricht ist und dass zweitens dadurch rund ein Viertel der Schüler nicht oder kaum erreicht wird. Die Gefahr, dass vor allem sozial benachteiligte und leistungsschwache Kinder und Jugendliche sowie Schüler mit besonderem Förderbedarf abgehängt werden, würde bei einer solchen Verfahrensweise stark ansteigen.

Vorschlag von Präsenzunterrichtsphasen im Wochenwechsel mit Arbeitsaufträgen und digitalem Fernunterricht

Angesichts dieser Herausforderungen, Probleme und Belastungen, welchen in Zeiten von Corona alle Mitglieder der Schulfamilie, Schüler, Lehrkräfte und Eltern ausgesetzt sind, brauchen wir möglichst unkomplizierte, einfach umzusetzende und für die meisten Jahrgangsstufen und Schularten geeignete Lösungen.

Eine mögliche Lösung lautet: Unterricht im Wochenwechsel bzw. Zweiwochentakt!

Der Unterricht erfolgt in zwei Schichten:

  • in Woche 1 die eine Hälfte der Klasse oder Lerngruppe
  • in Woche 2 die andere Hälfte der Klasse oder Lerngruppe

Der Wochenstundenplan wird komplett beibehalten, es gibt keine Kürzung von Fächern, die bisherigen Klassenlehrkräfte und Fachlehrer können weiter ihre Schüler betreuen.

In Woche 1 unterrichten die Lehrkräfte in den Schulen die Schüler im Präsenzunterricht und geben für die unterrichtsfreie Woche Arbeitsaufträge und Hausaufgaben. Ergänzt und intensiviert wird die Betreuung und Beschulung der Schüler in der Woche 2 ohne Präsenzunterricht durch Lehrkräfte, die einer Risikogruppe angehören, und zwar durch digitalen Fernunterricht. Der Präsenzunterricht kann damit maximal nur im Umfang der Hälfte des bisherigen Unterrichtsumfangs stattfinden. 

Vorteile dieses Zweiwochenschichtmodells

Dieses Schichtmodell im Zweiwochenrhythmus hat große Vorteile gegenüber der jetzigen Praxis und der bisher von den Ländern avisierten vorrangigen Rückkehr ganzer Jahrgangsstufen:

  1. Es ist für die meisten Schulen und Schularten relativ einfach organisatorisch umzusetzen, weil an den bisherigen Stunden- und Raumplänen kaum etwas geändert werden muss.
  2. Es können damit wieder alle Schüler einer Jahrgangsstufe in die Schulen zurückgeholt werden, was die schwerwiegenden Benachteiligungseffekte des so genannten „Homeschoolings“ in Bezug auf die Kinder, die man damit nicht erreicht, verhindert. Es ergeben sich dadurch auch neue Chancen, diese abgehängten Schüler im Präsenzunterricht wieder verstärkt zu fördern.
  3. Schulräume und Lehrkräfte müssten voraussichtlich ausreichen, weil nur die Hälfte der Schüler jeweils an der Schule anwesend ist.
  4. Die Politik wäre auf der Grundlage dieses Modells in der Lage, angepasst an die „Corona-Infektionslage“ in Deutschland, einen schrittweisen, nach Klassenstufen gestaffelten Zeitplan für die Rückkehr von Schülern in den Präsenzunterricht vorzulegen, der es allen Schülern ermöglicht, in naher Zukunft in die Schulen zurückzukehren.
  5. Für die Erziehungsberechtigten ergeben sich auch Vorteile: Es wird die große Chance eröffnet, dass auch die jüngeren Kinder noch in diesem Schuljahr in die Schulen zurückkehren können. Außerdem ermöglicht der Zweiwochenrhythmus grundsätzlich besser planbare Betreuungs- und Arbeitszeiten.
  6. Da immer nur maximal die Hälfte der Schüler sich in der Schule aufhält, erleichtert dies auch die Einhaltung des Abstandsgebots und des Gesundheitsschutzes auf Pausenhöfen, in Schulgängen, in Sanitärräumen, auf Treppen und im Parteiverkehr der Schulverwaltung
  7. Auch die Situation im Bereich der Schülerbeförderung und der Schulbusse wird sich dadurch deutlich entspannen, weil aufgrund der um 50 Prozent reduzierten täglichen Schülerströme die Abstandsregeln auch in den Bussen und im ÖPNV besser eingehalten werden können.
  8. Es gibt keine Notwendigkeit, einzelne Fächer zu streichen und auch Wahlfächer könnten weiter angeboten werden

Alternative Schichtmodelle

Das Modell des wöchentlichen Wechsels hat zwar große Vorteile, da, wo es von den räumlichen Gegebenheiten (zu kleine Unterrichtsräume) und vom Personaleinsatz (Anzahl der im Präsenzunterricht nicht einsetzbaren Risikopersonen unter Lehrkräften) nicht realisierbar ist, gibt es aber auch andere mögliche Schichtmodelle. Falls eine Drittelung von Lerngruppen notwendig ist, kann man das auch über eine zeitliche Abfolge von 1 Woche Präsenzunterricht und 2 Wochen Lernen zuhause auffangen. Auch ein tagesweiser Wechsel ist vorstellbar. Das österreichische Modell einer tagesweisen Verteilung von Präsenztagen und Lernen zuhause von 3:2 bzw. in der Folgewoche von 2:3 ist aber für die Eltern und Schüler weniger gut planbar. Außerdem könnte es Probleme mit der Schulwegbeförderung geben. Zudem taucht dann sehr schnell die Forderung auf, doch gleich ein 3:3-Modell zu fahren, was verpflichtenden Samstagsunterricht bedeuten würde. Der dementsprechende Vorstoß der Bundesbildungsministerin wäre jedoch ein schwerwiegender Eingriff in das gesellschaftliche Leben, der unabhängig von der Mehrbelastung von Schülern, Eltern und Lehrkräften und der nicht gelösten Schulwegbeförderung am Samstag kaum akzeptabel ist.

Noch weniger sinnvoll erscheinen aus Sicht des DL Schichtmodelle, die auf einen Wechsel der geteilten Klassen im Präsenzunterricht zwischen Vor- und Nachmittagschichten setzen. Neben der massiven Mehrbelastung von Lehrkräften entstehen damit zusätzliche Probleme der Verteilung von Schülerströmen, da sich in der Mittagszeit fast alle Schüler treffen würden, die einen, die aus der Schule hinausströmen und diejenigen, die hineinwollen.

Schwierigkeiten, die es noch zu lösen gilt:

Mit dem Modell des Unterrichts im Zweiwochentakt werden natürlich nicht alle Schwierigkeiten gelöst.

Die Effektivität von 100% Präsenzunterricht wird voraussichtlich nicht erreicht werden können. Dazu kommt, dass während der Schulschließungswochen auch beträchtliche Teile des Lehrplans nicht vermittelt werden konnten. Unabhängig vom Schichtmodell bleibt es mittelfristig eine riesige Aufgabe, durch Wiederholungsphasen, Nachhol- und Förderkurse sowie vorübergehende Verdichtung von Lehrplänen zu verhindern, dass dauerhaft Lehrplanziele und Bildungsstandards für ganze Schülerjahrgänge verfehlt werden.

Auch ist klar, dass dieses Konzept nicht für alle Schüler und Schularten gleich gut geeignet ist. Beispielsweise ist der Schulbetrieb an Berufsschulen häufig anders organisiert als in festen Schulwochen. Auch für Kinder mit Förderbedarf wären vielleicht umfangreichere Präsenzzeiten an der Schule wünschenswert. Hier muss man noch weitere passgenaue Lösungen erarbeiten. Das vorgestellte Modell soll in der notwendigen Flexibilität an die Gegebenheiten vor Ort (Anzahl und Altersgruppen der Lehrkräfte, räumliche Ausstattung, Anzahl der Schüler/innen) angepasst werden.

Auswirkungen auf Lehrkräfte

Verhindert werden muss, dass die Lehrkräfte, die im Schichtmodell wegen der Klassenteilungen trotz halbierten Unterrichts wieder ein volles Unterrichtsdeputat haben werden, durch zusätzliche Homeschoolingaufgaben überlastet werden. Deshalb geht der DL davon aus, dass in der „Fernunterrichtswoche“  gesonderte Betreuung durch die Lehrkräfte aus den Risikogruppen in Absprache mit den Präsenzlehrkräften erfolgt.

Nicht ausgeblendet werden soll, dass ein solches Schichtmodell auch für Lehrkräfte und auch die Schüler zusätzliche Vorzüge bieten kann:

  • Der Präsenzunterricht erfolgt in deutlich kleineren Lerngruppen, was es ermöglicht, besser individuell zu fördern und mehr Zeit für den einzelnen Schüler aufzuwenden.
  • Der Aufwand für Unterrichtsvorbereitung reduziert sich, weil jede vorbereitete Stunde zweimal gehalten werden muss.
  • Die Halbierung des Präsenzunterrichts wird auch eine vorübergehende Verringerung der erforderlichen Leistungserhebungen erforderlich machen.

Berlin im Mai 2020

Heinz-Peter Meidinger

Unterricht im Zweiwochentakt – PDF als Download (aktualisiert Mai 2020)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Angesichts der Schulschließungen aufgrund des Corona-Virus

Nach den Worten des DL-Präsidenten Heinz-Peter Meidinger bedeuten die verfügten Schulschließungen in den nächsten Wochen eine riesige Herausforderung für Schulen, aber insbesondere auch für die Eltern.

Er betonte: „Einerseits sind die Lehrkräfte gefordert, alle Möglichkeiten zu nutzen, um die Kommunikation und die Stoffvermittlung mit Schülern so gut wie möglich aufrechtzuerhalten, andererseits stehen Eltern vor der Aufgabe, eine sinnvolle Betreuung und einen geregelten Tagesablauf für ihre Kinder zu gewährleisten. Unser gemeinsames Ziel muss es sein, drohende Nachteile für die weitere schulische Laufbahn zu vermeiden und auszuschließen!“

Insgesamt rät der Deutsche Lehrerverband allen Eltern, folgende Grundsätze besonders zu beachten.

  1. Einigen Sie sich in der Familie mit Ihren Kindern auf einen geplanten, strukturierten Tagesablauf, in den auch Lern- und Arbeitsphasen gut integriert sind. Es gibt für Ihre Kinder jetzt auch die Chance, passend zum eigenen Biorhythmus zu lernen. Orientieren Sie sich an den Vorgaben der Lehrkräfte.
  2. Vereinbaren Sie klare Regeln zur Mediennutzung, wobei Sie als Eltern klar unterscheiden sollten zwischen der Arbeit mit dem PC und dem Spielen am PC. Eine Regulierung des Medienkonsums ist auch in dieser Zeit der Schulschließungen absolut sinnvoll.
  3. Helfen Sie Ihrem Kind bei der Bewältigung von Ängsten im Zusammenhang mit dieser Pandemie. Reden Sie mit Ihren Kindern über die zahlreichen Fake News, die dazu in den sozialen Netzwerken derzeit verbreitet werden.
  4. Vermeiden Sie das Aufkommen von Langeweile („drohender Lagerkoller“) zuhause. Halten Sie dazu auch analoge Materialien wie Bücher, Brett- und Kartenspiele sowie Malsachen bereit. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, sich auf Bewährtes und Althergebrachtes zu besinnen.
  5. Machen Sie Ihren Kindern klar, dass auch sie eine Verantwortung dafür tragen, dass sie ihre Mitmenschen vor Infektionen bewahren, insbesondere die gefährdete Risikogruppe der älteren Menschen und Großeltern. Auch Jugendliche sollten in den nächsten Wochen soziale Kontakte reduzieren, also auf Kino-, Kneipen- und Veranstaltungsbesuche verzichten.

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Für Stellungnahmen erreichen Sie DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger unter 0160 – 52 75 608.

Für den Inhalt verantwortlich: Geschäftsstelle Deutscher Lehrerverband – Anne Schirrmacher

Tagung zum 50-jährigen Jubiläum des Deutschen Lehrerverbandes

Von interessanten, teilweise kontroversen Debatten um die großen Zukunftsheraus­forderungen des Deutschen Bildungssystems war das Symposion anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Deutschen Lehrerverbands geprägt, das in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung vor vollbesetztem Auditorium in Berlin stattfand.

Im Mittelpunkt der Tagung standen die Themen Zukunft des Bildungsföderalismus, Bedeutung der Digitalisierung für den Bildungsprozess und die sich dadurch verändernde Rolle der Lehrkraft.

Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden der Konrad-Adenauer-Stiftung, Bundestags­präsident a.D. Prof. Norbert Lammert und den DL-Präsidenten Heinz-Peter Meidinger trafen im ersten Block zur Zukunft des Bildungsföderalismus Vertreter des Bundesbildungs­ministerium und der Kultusministerkonferenz aufeinander.

Der Bildungsföderalismus – Motor oder Bremse zukunftsorientierter Bildungspolitik

Der Staatssekretär im Bundesbildungsministerium Dr. Michael Meister beklagte, dass sich die Bildungssysteme der 16 Länder auseinanderentwickelt hätten. Einige Disparitäten hätten eine Qualität erreicht, die grundsätzliche Fragen der Chancengerechtigkeit berührten. Ganz konkret übte er Kritik an der fehlenden Vergleichbarkeit des Abiturs und am Einstimmigkeits­prinzip in der Kultusministerkonferenz: „In punkto Vergleichbarkeit ist abgesehen vom Abituraufgabenpool noch nicht viel Substantielles passiert. Einstimmigkeit ist oftmals nur mit sehr langem Vorlauf zu erreichen. Und selbst bei einstimmigen KMK-Beschlüssen erfolgt nicht selten am Ende nur eine Teil-Umsetzung. Das verschenkt wertvolles Potenzial unseres Bildungssystems!“ Er appellierte abschließend an die Länder, Föderalismus nicht als einen Antagonismus zum Bund zu verstehen, sondern als einen Auftrag und eine Verpflichtung, ihre Aufgaben in Bildung und Wissenschaft mit mindestens derselben Priorität wie der Bund wahrzunehmen.

Der KMK-Präsident und hessische Kultusminister Prof. Dr. Alexander Lorz dagegen stellte sieben grundsätzliche Thesen für die Notwendigkeit des Bildungsföderalismus in den Raum: Nur dieser könne regionale Eigenheiten und Verhältnisse vor Ort berücksichtigen, eine nicht durch zu viele Ebenen entfernte Partizipation von Eltern und Schülern ermöglichen, Vielfalt von Schulformen gewährleisten, durch Wettbewerb mehr Qualität herausfordern, Raum für Innovation und Experimente bieten sowie die Möglichkeit, voneinander und aus Fehlern zu lernen. Zudem sei der Bildungsföderalismus ein wertvoller Schutz davor, dass schlechte Reformen gleich in ganz Deutschland umgesetzt würden.

In einem Podiumsgespräch suchten die nordrhein-westfälische Schulministerin Yvonne Gebauer und die Bildungspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Margit Stumpp, gemeinsam mit Kultusminister Lorz Antworten auf die Fragen, die der Bildungsföderalismus in den Bereichen Vergleichbarkeit und Finanzierung aufwirft. Gebauer betonte, dass es bei allen Debatten über den Bildungsföderalismus keinen konstruktiven Vorschlag für eine Alternative gebe und dass der Bildungsföderalismus Wettbewerb und voneinander Lernen der Bundesländer ermögliche. Stumpp sah in den Problemen des Bildungsföderalismus in erster Linie ein Umsetzungsdefizit, kein Erkenntnisdefizit und kritisierte das so genannte „Kooperationsverbot“ zur Finanzierung durch den Bund. Lorz wies auf zukünftige langfristige Möglichkeiten durch einen konkreten Bildungsstaatsvertrag hin. Moderiert wurde dieses Podiumsgespräch, wie auch der Großteil der Tagung, vom Bildungsjournalisten Martin Spiewak.

Lehrerrolle zwischen Überforderung und Entprofessionalisierung

Der langjährige Präsident und heute Ehrenpräsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, debattierte mit Prof. Dr. Tanjev Schultz (Lehrstuhl für Journalistik an der Universität Mainz) über die sich verändernde Rolle der Lehrkräfte in der Schule – „Vom Pauker zum Lernbegleiter?“ lautete die Fragestellung. Moderiert wurde dieses Gespräch von Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes DPhV. Kraus kritisierte, dass der Beruf der Lehrkräfte immer weiter entprofessionalisiert werde, indem immer mehr Erwartungen und Forderungen, an ihn herangetragen würde. Er forderte eine Rückbesinnung auf das Kerngeschäft Unterricht und die fachlichen Kompetenzen des Lehrkräfteberufs. Tanjev Schultz plädierte eher für eine Erweiterung der Aufgaben von Lehrkräften in einer Zeit, da Eltern als Erziehende oft ausfallen. Einig war man sich, dass bei der Gewinnung neuer Lehrkräfte intensive Beratung notwendig ist, um die sowohl fachlich wie pädagogisch geeigneten Lehrkräfte zu gewinnen.

Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing betonte in diesem Zusammenhang: „Damit Lehrkräfte guten Unterricht halten können, brauchen sie Entlastung und bessere Arbeitsbedingungen. Seit dem zweiten Weltkrieg ist die Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte nirgendwo gesenkt, sondern eher noch erhöht worden. Das Aufgabenspektrum ist aber breiter und belastender geworden. Lehrkräfte brauchen spürbare Entlastung, mehr Ermäßigungsstunden für zusätzliche Aufgaben und eine geringere Unterrichtsverpflichtung!“

Macht die Digitalisierung Schule und Lehrkräfte überflüssig?

In einer sehr lebendigen Diskussion über die Folgen die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Schule stellten der bekannte Youtuber Daniel Jung, der Gründer von Lehrermarktplatz.de Max Maendler, Adriane Langela-Bickenbach, Preisträgerin des Deutschen Lehrerpreises, und die DL-Vizepräsidenten Joachim Maiß und Jürgen Böhm ihre Thesen dazu vor. Einig war man sich, dass die Lehrkraft als wesentliches Medium der Vermittlung von Wissen und Werten in einer von Digitalisierung geprägten Gesellschaft und Schule weiterhin eine zentrale Rolle einnehmen wird.

Schon in seiner Begrüßung hatte der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, angesichts zunehmender Diskussionen über Digitalisierung und Künstliche Intelligenz im Bildungssystem darauf hingewiesen, dass bei allem technischen Fortschritt der Bildungsprozess nicht entmenschlicht werden dürfe – Lernen sei auch ein Gemeinschafts­prozess, der nicht nur vereinzelt vor dem Bildschirm stattfinden solle.

Zum Abschluss des Symposions warfen Prof. Gert de Haan von der FU Berlin und Jasson Jakovides vom Fields Institute einen Blick 50 Jahre voraus, wohin sich die Rollen von Lehrkräften und Schule in dieser Gesellschaft entwickeln könnten.

Der Deutscher Lehrerverband als starker Anwalt eines leistungsfähigen, gerechten Bildungswesens

Am Vorabend des Symposions fand eine Festveranstaltung zum 50-jährigen Bestehen des Deutschen Lehrerverbands statt, auf der auch die Festschrift präsentiert wurde und der langjährige DL-Präsident Josef Kraus einen Rückblick auf die wichtigsten Erfolge und Ereignisse der DL-Geschichte gab.

Vizepräsident Jürgen Böhm vom VDR hob im Kontext der Jubiläumsveranstaltungen hervor, dass der Deutsche Lehrerverband immer als Klammer und Garant gewirkt habe für den Einsatz der Mitgliedsverbände um ein leistungsstarkes, zukunftsorientiertes differenziertes Schulwesen.

Vizepräsident Joachim Maiß vom BvLB würdigte den DL als erste Adresse für Bildungsfragen, der auch nie die berufliche Bildung zugunsten der allgemeinen Bildung vernachlässigt habe. Erst die berufliche Bildung im Gleichklang mit der allgemeinen Bildung stelle die Gleichwertigkeit der Bildungswege sicher.

Nach dem Eindruck von Vizepräsident Bernd-Uwe Althaus von der KEG zeigt die Tagung zum 50-jährigen Jubiläum eindrucksvoll, dass der DL seine Positionen immer wieder an den Herausforderungen der Zeit weiterentwickelt und sich auf dem Wertespektrum seiner Mitgliedsverbände und der gemeinsamen Ziele ausrichtet.

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Für Stellungnahmen erreichen Sie DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger unter 0160 – 52 75 608.

Für den Inhalt verantwortlich: Geschäftsstelle Deutscher Lehrerverband – Anne Schirrmacher

Zum Vorstoß der baden-württembergischen Kultusministerin Eisenmann

Für ihren Vorstoß zur mittelfristigen Einführung eines bundesweit geltenden Zentralabiturs hat der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, die baden-württem­bergische Kultusministerin Susanne Eisenmann gelobt und die Politik aufgefordert, endlich zu handeln, um Vergleichbarkeit und Qualität des Abiturs in Deutschland wiederherzustellen. Er freue sich, dass damit ein Vorschlag des DL aufgegriffen worden sei.

Er betonte: „Spätestens nach den Vorgängen rund um das Matheabitur 2019 und der Fest­stellung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Abiturnoten in Deutschland derzeit nicht vergleichbar sind, besteht dringender Handlungsbedarf, wenn man das Abitur als entscheidende Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland retten will.“ Der Verbandsvorsitzende verwies darauf, dass das Modell des gemeinsamen Aufgabenpools, der die Vergleichbarkeit sichern sollte, praktisch gescheitert sei und fügte an: „Ein Aufgabenpool, der es erlaubt, dass Länder sich gar nicht daraus bedienen bzw. daraus entnommene Aufgaben abändern und der es sogar ermöglicht, dass nachträglich in die Bewertung von Aufgaben aus dem Pool eingegriffen wird, ist das Papier nicht wert, auf dem diese Aufgaben geschrieben stehen!“

Die einzige logische Konsequenz könne nur lauten, statt eines Aufgabenpools gemeinsame Prüfungen in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und einer Fremdsprache anzustreben und diese auch nach gleichen Erwartungshorizonten zu bewerten, so Meidinger. Jenseits dieser Kernfächer dürfe es durchaus weiter Spielräume für landeseigene Schwerpunktsetzungen geben.

Er ergänzte: „Dafür müssen in einem Staatsvertrag zwischen den Ländern klare Vereinbarungen und ein fester Zeitplan entwickelt werden. Wegen der in den Ländern notwendigen Anpassungen u.a. der Lehrpläne halte ich das Zieldatum 2025 bis 2030 als Termin für das erste deutschland­weite Zentralabitur für möglich und realistisch!“

Im Gegensatz zu Frau Eisenmann glaubt der DL-Präsident allerdings, dass auch ein Nationaler Bildungsrat bei der angestrebten Staatsvertragslösung ein hilfreicher Partner sein könnte.

Als Grundbedingung eines Zentralabiturs am gleichen Tag in Kernfächern bezeichnete es Meidinger, dass diese Vereinheitlichung nicht auf Kosten der Qualität erfolgen dürfe. Er gehe allerdings davon aus, dass bei gleichen Bedingungen die Qualität der Abiturienten aus den verschiedenen Bundesländern auch gerechter beurteilt und klarer sichtbar werden könne.

„Weiterwursteln mit den Aufgabenpools wie bisher würde bedeuten, dass das Abitur seine Bedeutung und seine Funktion bei der Studienzulassung verlieren wird. Hochschuleingangs­prüfungen als Alternative bringen aber mit Sicherheit weder mehr Vergleichbarkeit noch mehr Qualität und schon gar nicht mehr Bildungsgerechtigkeit!“ sagte der DL-Präsident abschließend.

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Für Stellungnahmen erreichen Sie DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger unter 0172 – 28 45 840.

Für den Inhalt verantwortlich: Geschäftsstelle Deutscher Lehrerverband – Anne Schirrmacher