Bildungspolitik von der zweiten Welle eiskalt erwischt!

Deutscher Lehrerverband wendet sich mit dringlichen Forderungen und Lösungsvorschlägen an die Politik

„Wenn jetzt nicht gehandelt wird, drohen flächendeckende Schulschließungen!“

Die im Deutschen Lehrerverband (DL) organisierten Verbände DPhV, VDR, BvLB und KEG schlagen Alarm und fordern die Politik in einer konzertierten Aktion auf, den Gesundheitsschutz für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler in der Corona-Krise deutlich zu erhöhen. Die Pandemiesituation wird sich nicht in kurzer Zeit bewältigen lassen, daher braucht es langfristige Lösungen und verlässliche Handlungsrichtlinien, um das Infektionsrisiko an den Schulen so gering wie möglich zu halten, die dort stattfindenden Kontakte zu beschränken und Abstände zu wahren.

Im bisherigen Betrieb seit der Wiedereröffnung der Schulen, oft ohne Abstandsregeln und Maskenpflicht, setzen die Kultusminister Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler Gefahren aus, die auf offener Straße mit Bußgeldern belegt werden – ganz so, als ob es das Virus in den Schulen nicht gäbe. „Wir sagen: Schulen offen halten: Ja – angepasst an das aktuelle Infektionsgeschehen. Aber Schulen im Vollbetrieb um jeden Preis: Nein! Jetzt braucht es verantwortungsvolles Handeln, weitere Infektionsschutzmaßnahmen und Handlungsrichtlinien bei steigenden Infektionszahlen, sonst drohen in der Konsequenz wieder flächendeckende Schulschließungen“, betont DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger.

Lüften ist gut, Lüftungsanlagen sind besser

Die Kultusministerkonferenz KMK will mit der Zahlenkombination 20 – 5 – 20 über den Winter kommen und den vollen Präsenzunterricht gewährleisten, und das trotz rasant steigender Infektionszahlen: 20 Minuten Unterricht, 5 Minuten Quer- und Stoßlüften, um dann erneut 20 Minuten zu unterrichten. Die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts, Schulklassen ab einem bestimmten Infektionsgeschehen wieder zu teilen, schlägt die Politik ebenso in den Wind wie die Erkenntnisse des Umweltbundesamtes, wonach Lüften ohne zusätzlichen Raumluftfilter in vielen Gebäuden nicht ausreicht. Lüftungsanlagen sind daher an vielen Schulen zwingende Notwendigkeit. Die Installation der Raumluftreiniger hätte zudem den positiven Effekt, dass auch Grippeviren minimiert werden und zusätzliche Krankheitsausfälle vermieden würden. Auch der Einsatz von Plexiglaswänden zwischen den Tischen trägt zum Schutz bei. Es braucht eine schnelle Bestandsaufnahme nach einheitlichen Parametern in allen Bundesländern, um festzustellen, welche Räume bereits durch bestehende Systeme gut gelüftet werden und wie viele Räume eine Unterstützung durch Luftfilteranlagen brauchen. Mehrere Bundesländer haben bereits Programme zur Beschaffung entsprechender Geräte aufgelegt, der Deutsche Lehrerverband fordert die übrigen Länder und die KMK auf, vor dieser Investition in die Gesundheit der Schülerinnen und Schülern und der Lehrkräfte nicht zurückzuschrecken.

Der kritische Grenzwert von Corona-Neuinfektionen wird in immer mehr Städten und Kommunen überschritten. In diesen Hotspots fordert der Deutsche Lehrerverband, die Klassen unverzüglich zu halbieren. „Es empört uns, dass die beschlossenen und vom RKI empfohlenen Richtwerte einer Inzidenzzahl von 35/50 der Corona-Ampel für verschärfte Hygieneschutzmaßnahmen an Schulen von der Bildungspolitik komplett ignoriert werden, um Schulen unter inakzeptablen Bedingungen offen zu halten“, so Heinz Peter Meidinger. „Die KMK hat bei ihrer letzten Sitzung mit ihrer Entscheidung, dass Quer- und Stoßlüften bei Minusgraden ausreichend sei, eine rote Linie überschritten und sich damit aus der Verantwortung gegenüber dem Gesundheitsschutz der Schülerinnen und Schüler gestohlen. Es braucht Richtlinien und klare Handlungsanweisungen, ab welchen Inzidenzzahlen eine Maskenpflicht für welche Klassenstufen gilt und ab wann es notwendig ist, die Klassen wieder zu teilen.

AHA-Regeln müssen auch in Schulen gelten

„Die Kultusministerkonferenz muss eine ganz klare Orientierung für den Schulbetrieb in ihrem KMK-Vier-Stufen-Modell nach den Vorgaben des RKI geben, anhand derer dann tatsächlich vor Ort entschieden wird“, so die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbands, Susanne Lin-Klitzing. „Hier gilt als Maßstab für die Stufe 2 der Inzidenzwert von 35 Fällen binnen 7 Tagen auf 100.000 Einwohner innerhalb einer kreisfreien Stadt oder innerhalb eines Landkreises, für die Stufe 3 der Inzidenzwert von 50, bei dem in den Schulen wieder die AHA-Regeln eingehalten werden sollten, was auf kleinere Klassen hinausläuft. Es ist die Aufgabe der Politik dafür zu sorgen, dass diese Regeln eingehalten werden und die Gesundheitsämter hier entsprechend einheitlich, nachvollziehbar und verlässlich agieren.“ 

Differenzieren nach Schülergruppen – Präsenz- und Online-Unterricht angepasst an das Infektionsgeschehen in verkleinerten Lerngruppen

Das grundlegende Übel ist, dass die Politik Schule über einen Kamm schert. Statt zwischen den einzelnen Schulformen zu differenzieren und entsprechende Bedarfe von Grundschülern bis hin zu Berufsschülern klar zu definieren, sind Schüler gleich Schüler.

Schülerinnen und Schüler ab der Sekundarstufe II müssen anders als Schülerinnen und Schüler der Primar- und Sekundarstufe I nicht zwingend durchgängig Präsenzunterricht haben, sondern können dann, wenn die technischen Voraussetzungen gewährleistet sind, parallel oder im Wechsel zwischen Präsenz- und Distanzunterricht lernen. Dies sollte vor Ort entschieden werden – orientiert an den Inzidenzwerten gemäß RKI.

„Für unsere ganz jungen Schülerinnen und Schüler in der Grundschule gilt es, so viel Präsenzunterricht zu ermöglichen. Junge Kinder brauchen beim Lernen die Beziehung, um ein tragfähiges Fundament für ihr zukünftiges Lernen aufbauen zu können“, betont Gerlinde Kohl, die Vorsitzende der Katholischen Erziehergemeinschaft (KEG).

Mut zu unkonventionellen Lösungen

Joachim Maiß, Vorsitzender des Bundesverbandes für Lehrkräfte für Berufsbildung (BvLB) weist auf unkonventionelle Wege hin, um flächendeckende Schulschließungen zu verhindern: „Statt mantrahaft alles schön zu reden, müssen gemeinsam schnell umsetzbare Lösungen herbeigeführt werden: So könnten beispielsweise leerstehende Veranstaltungs-Locations oder Stadtteilzentren als zusätzliche Unterrichtsräume angemietet werden, um Schulklassen zu teilen und so das Gesundheitsrisiko für Lehrkräfte wie Schülerinnen und Schüler zu minimieren. Denn die Unversehrtheit aller hat oberste Priorität, um nicht sehenden Auges in die erneute Schulschließungen mit all ihren gesellschaftlichen Folgen zu rutschen.“

Eugen Straubinger ebenfalls Vorsitzender des Bundesverbandes der Lehrkräfte für Berufsbildung, fordert, dass die Absage der KMK zum Einbau von Lüftungsanlagen gekippt wird und macht folgende Rechnung auf: „NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer schätzt, dass flächendeckend rund 100 Euro pro Schüler in die Filtertechnik investiert werden müssten – und spricht von Unsummen, die das verschlingen würde. Legt man diese Zahl zu Grunde, müssten bei bundesweit 11 Millionen Schülerinnen und Schüler 1,1 Milliarden Euro investiert werden, um alle rund 43 000 Schulen mit dieser Technik auszustatten. Das sind im Vergleich zu den neun Milliarden Euro, die die Rettung der Lufthansa bisher gekostet hat, Peanuts. Das sollte es den Regierenden wert sein, um das Recht auf Bildung in der Coronakrise nicht zu verspielen.“ Er ergänzt: „Dazu kommt, dass in den Berufsschulen auch Lüftungstechniker und Anlagenbauer ausgebildet werden. Wenn unsere Schulen Lüftungsanlagen aus heimischer Produktion beziehen könnten, hätte dies einen deutlichen Einkommens- und Beschäftigungseffekt für diese Produktionssparte. Dies käme auch den Auszubildenden im dualen System zugute.“

Vergesst die Lehrkräfte nicht!

Durch die vorgeschlagenen Maßnahmen ändert sich das Anforderungsprofil an die Lehrkräfte und die Belastungen steigen deutlich. Distanzunterricht für Zuhause bleibende Schüler ist Mehrarbeit. Bei allen Maßnahmen müssen die Auswirkungen auf und die Anforderungen an die Lehrkräfte berücksichtigt werden, denn es ändert sich Umfang, Art und Inhalt der Lehrtätigkeit. Neben Investitionen in die notwendige technische Ausstattung der Schulen, Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte, deren Fehlen bei den Schulschließungen im Frühjahr schmerzhaft deutlich wurde, braucht es auch weiterhin Unterstützung der Lehrkräfte in der Fortbildung für neue digitale Formate und vor allem auch technisches Personal zur Betreuung des IT-Bereiches.

Aber auch, da ist sich das Präsidium des DL einig, beim Gesundheitsschutz der Lehrkräfte bei ihrer Tätigkeit in den Schulen muss nachgebessert werden. Es sei eigentlich ein Skandal, dass anders als in vielen anderen Berufssparten, die mit vielen Kontakten zu tun haben, Lehrkräfte nicht von den Schulträgern und Länderministerien mit einer ausreichenden Zahl an FFP2-Masken ausgestattet wurden.

Politik muss Verantwortung übernehmen

Auch Jürgen Böhm, Bundesvorsitzender des Deutschen Realschullehrerverbandes (VDR), fordert klare Handlungsrichtlinien für die Schulen bei entsprechenden Infektionszahlen: „Je nachdem, wie gut die gesamtgesellschaftlichen Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung greifen und wie sich daraufhin jeweils regional das Infektionsgeschehen entwickelt, braucht es klare Vorgaben bei bestimmten Richtwerten, damit nicht nach jeder Veränderung der Zahlen nach oben oder nach unten die Debatte um die richtigen Gesundheitsschutzmaßnahmen an den Schulen von neuem geführt werden muss. Es müssen Maßnahmen gelten, die an den Schulen in ganz Deutschland Bildung unter höchsten Sicherheitsbedingungen ermöglichen. Dazu gehören Stufenpläne und beste technische und materielle Ausstattung, wie CO2-Ampeln, Luftreinigungsfilter und FFP2-Masken, und bei steigenden Infektionszahlen Klassenteilungen und Zeiträume von Distanzunterricht, die für Eltern möglichst organisierbar und überschaubar bleiben. Allerdings kann es nicht Aufgabe der Schulen sein, entsprechende Maßnahmen festzulegen. Wir Lehrkräfte und Schulleitungen sind keine Ärzte oder Virologen! Die Verantwortung darf nicht länger auf die Kollegen geschoben, sondern muss endlich von der KMK und den Bundesländern als den politisch Verantwortlichen übernommen werden. Aber genau das passiert aktuell seitens der Politik nicht!“

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Für Stellungnahmen erreichen Sie die Mitglieder des Präsidiums des Deutschen Lehrerverbandes:

DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger: 0160 – 52 75 608 und 030/70 09 47 76 – www.lehrerverband.de  

Bundesgeschäftsstelle DPhV, Bundesvorsitzende Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing:

030 / 40 81 67 89 – www.dphv.de  

Bundesgeschäftsstelle VDR, Bundesvorsitzender Jürgen Böhm:

089 / 55 38 76 und 0151 – 11 71 55 89 – www.vdr-bund.de  

BvLB-Bundesgeschäftsstellen, Bundesvorsitzende Joachim Maiß und Eugen Straubinger:

030 / 40 81 66 50 und 0511 / 21 55 60 70 – www.bvlb.de  

KEG-Bundesgeschäftsstelle, Bundesvorsitzende Gerlinde Kohl:

089 / 26 02 47 99 – www.keg-deutschland.de  

Für den Inhalt verantwortlich: Geschäftsstelle Deutscher Lehrerverband – Anne Schirrmacher

„Je suis prof!“

Große Trauer und Bestürzung über Enthauptung von Samuel Paty

Meidinger: „Ein Angriff auf die Aufgaben von Schule in einer Demokratie und unsere demokratischen Werte insgesamt!“

Mit Bestürzung und großer Trauer hat der Deutsche Lehrerverband mit seinen Mitgliedsverbänden auf den Mord an dem französischen Lehrer Samuel Paty reagiert.

DL-Präsident Meidinger erklärte: „Als Vertreter der deutschen Lehrkräfte sind wir entsetzt über diesen Mord an einem französischen Kollegen, dem nichts anderes zum Verhängnis geworden ist, als dass er seine Pflicht erfüllt hat, nämlich Kindern und Jugendlichen die Werte der Demokratie, Meinungsfreiheit, Menschenwürde und Toleranz zu vermitteln und näher zu bringen. Wir erklären uns solidarisch mit den Lehrkräften und allen Trauernden in unserem Nachbarland!“

Der Verbandsvorsitzende betonte, dass die Tat als Angriff gegen die zentrale Aufgabe der Schule als Ort der Wertevermittlung in einer demokratischen Gesellschaft gerichtet war und auch so verstanden werden müsse. Er ergänzte: „Deshalb ist es so wichtig, dass Politik und Gesellschaft hinter ihren Lehrkräften und deren für die Zukunft unserer Demokratie so eminent bedeutsamem Bildungsauftrag stehen! Auch hierzulande gibt es von verschiedenen Seiten immer wieder politisch oder religiös motivierte Versuche, Lehrkräfte einzuschüchtern, zu bedrohen bzw. an den Pranger zu stellen. Unterricht und demokratische Werteerziehung dürfen für Lehrkräfte nicht zur Mutprobe werden! Wir sagen: Wehret den Anfängen!“

(Französische Übersetzung unter diesem Link)

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Für Stellungnahmen erreichen Sie DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger unter 0160 – 52 75 608.

Für den Inhalt verantwortlich: Geschäftsstelle Deutscher Lehrerverband – Anne Schirrmacher

Angesichts der Schulschließungen aufgrund des Corona-Virus

Nach den Worten des DL-Präsidenten Heinz-Peter Meidinger bedeuten die verfügten Schulschließungen in den nächsten Wochen eine riesige Herausforderung für Schulen, aber insbesondere auch für die Eltern.

Er betonte: „Einerseits sind die Lehrkräfte gefordert, alle Möglichkeiten zu nutzen, um die Kommunikation und die Stoffvermittlung mit Schülern so gut wie möglich aufrechtzuerhalten, andererseits stehen Eltern vor der Aufgabe, eine sinnvolle Betreuung und einen geregelten Tagesablauf für ihre Kinder zu gewährleisten. Unser gemeinsames Ziel muss es sein, drohende Nachteile für die weitere schulische Laufbahn zu vermeiden und auszuschließen!“

Insgesamt rät der Deutsche Lehrerverband allen Eltern, folgende Grundsätze besonders zu beachten.

  1. Einigen Sie sich in der Familie mit Ihren Kindern auf einen geplanten, strukturierten Tagesablauf, in den auch Lern- und Arbeitsphasen gut integriert sind. Es gibt für Ihre Kinder jetzt auch die Chance, passend zum eigenen Biorhythmus zu lernen. Orientieren Sie sich an den Vorgaben der Lehrkräfte.
  2. Vereinbaren Sie klare Regeln zur Mediennutzung, wobei Sie als Eltern klar unterscheiden sollten zwischen der Arbeit mit dem PC und dem Spielen am PC. Eine Regulierung des Medienkonsums ist auch in dieser Zeit der Schulschließungen absolut sinnvoll.
  3. Helfen Sie Ihrem Kind bei der Bewältigung von Ängsten im Zusammenhang mit dieser Pandemie. Reden Sie mit Ihren Kindern über die zahlreichen Fake News, die dazu in den sozialen Netzwerken derzeit verbreitet werden.
  4. Vermeiden Sie das Aufkommen von Langeweile („drohender Lagerkoller“) zuhause. Halten Sie dazu auch analoge Materialien wie Bücher, Brett- und Kartenspiele sowie Malsachen bereit. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, sich auf Bewährtes und Althergebrachtes zu besinnen.
  5. Machen Sie Ihren Kindern klar, dass auch sie eine Verantwortung dafür tragen, dass sie ihre Mitmenschen vor Infektionen bewahren, insbesondere die gefährdete Risikogruppe der älteren Menschen und Großeltern. Auch Jugendliche sollten in den nächsten Wochen soziale Kontakte reduzieren, also auf Kino-, Kneipen- und Veranstaltungsbesuche verzichten.

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Für Stellungnahmen erreichen Sie DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger unter 0160 – 52 75 608.

Für den Inhalt verantwortlich: Geschäftsstelle Deutscher Lehrerverband – Anne Schirrmacher

Angesichts unterschiedlicher Regelungen an verschiedenen Schulen:

Der Deutsche Lehrerverband geht von einer in den nächsten Wochen und Monaten deutlich ansteigenden Zahl von Infektionen mit dem Coronavirus an deutschen Schulen aus. In diesem Zusammenhang mahnt der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, zu Besonnenheit. Er habe Verständnis dafür, dass sich viele Eltern und Schüler Sorgen machten. Überzogene Panikreaktionen seien aber fehl am Platz und nutzten auch der Sache nicht. Besonders wichtig, so Meidinger, sei die Umsetzung der hygienischen Präventionsmaßnahmen an den Schulen.

Der Lehrerverbandsvorsitzende  kritisierte in diesem Zusammenhang, dass die unterschiedlichen Verfahrensweisen in mehreren Bundesländern und an einzelnen Schulen im Umgang mit Verdachtsfällen oder Reiserückkehrern aus Risikogebieten eine zusätzliche Verunsicherung der Bevölkerung bewirkten. Meidinger betonte: „An der einen Schule wird der Unterricht abgesagt, weil nicht genügend Desinfektionsmittel vorhanden sind, an der anderen Schule wird so wie vom Robert-Koch-Institut empfohlen nur bei verifizierten Verdachtsfällen gehandelt – diese Unterschiede sind nach außen kaum vermittelbar!“

Er forderte glasklare bundeseinheitlich anwendbare Verfahrensweisen und Richtlinien für die Schulen, auf die sich die KMK schnell einigen müsse.

Der Verbandschef bekräftigte: „Im Mittelpunkt muss natürlich die Gesundheit von Schülern und Lehrkräften stehen. Es ist aber auch klar, dass extreme Maßnahmen wie in China, bei denen Schulen monatelang geschlossen werden, in Deutschland kaum umsetzbar sind, ganz abgesehen davon, dass dann auch Abschlussprüfungen gefährdet sind.“

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Für Stellungnahmen erreichen Sie DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger unter 0160 – 52 75 608.

Für den Inhalt verantwortlich: Geschäftsstelle Deutscher Lehrerverband – Anne Schirrmacher

Umfrage unter Lehrern macht deutlich: Probleme mit dem Handschreiben in der Schule nehmen zu

BERLIN, 01.04.2015 Die Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland sehen immer häufiger, dass Schülerinnen und Schüler Probleme mit dem Handschreiben haben. Dies geht aus einer Umfrage hervor, die der Deutsche Lehrerverband (DL) gemeinsam mit dem Schreibmotorik Institut, Heroldsberg, durchgeführt hat. Danach meinen vier Fünftel (79 Prozent) der an der Erhebung beteiligten Lehrerinnen und Lehrer an weiterführenden Schulen, die Handschrift ihrer Schülerinnen und Schüler habe sich im Schnitt verschlechtert. Sogar 83 Prozent der befragten Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer gaben an, dass sich die Kompetenzen, die Schüler als Voraussetzung für die Entwicklung der Handschrift mitbringen, in den vergangenen Jahren verschlechtert haben. Nach Einschätzung der an der Umfrage beteiligten Lehrkräfte haben die Hälfte der Jungen (51 Prozent) und ein Drittel der Mädchen (31 Prozent) Probleme mit der Handschrift.

DL-Präsident Josef Kraus forderte die Kultusminister der Länder auf, das Thema Handschreiben verstärkt in den Blick zu nehmen „Wir benötigen mehr Förderung der Grob- und Feinmotorik schon in den Kindertagesstätten und dann in den Grundschulen.“  Die Erzieherinnen und die Grundschullehrkräfte benötigten dafür angesichts der wachsenden Herausforderungen mehr Unterstützung. Zugleich kritisierte Kraus: „Die zunehmenden Probleme vieler Schüler mit der Schreibschrift muss sich auch eine Schulpolitik ankreiden lassen, die dem Schreiben und insgesamt der sprachlichen Bildung immer weniger Bedeutung beimisst.“ Als Beispiel nannte Kraus den reduzierten Grundwortschatz, die Arbeit mit Lückentexten und Multiple-Choice-Tests sowie die Flut an Kopien, die sich tagtäglich über die Schüler ergießt. Kraus betonte, dass es tendenziell einen Zusammenhang zwischen Lernleistung von Schülern und der Güte ihrer Handschrift gebe. „Wer gut und versiert schreibt, der prägt sich Geschriebenes besser und konzentrierter ein, er ist intensiver bei der Sache, er schreibt bewusster, setzt sich intensiver mit dem Inhalt und dem Gehalt des Geschriebenen auseinander“, erklärte Kraus.

Der Schreibmotorikforscher Dr. Christian Marquardt, wissenschaftlicher Beirat des Schreibmotorik Instituts, erläuterte mit Blick auf die eindeutigen Ergebnisse der Umfrage: „Wir sehen vermehrt Probleme bei den motorischen Grundkompetenzen der Kinder. Aber auch Probleme, wenn es später darum geht, schneller und flüssiger zu schreiben. Schreibenlernen ist in erster Linie Bewegungslernen, und hier brauchen viele Kinder mehr Unterstützung.“ Und er erläutert: „die Studien und wissenschaftlichen Erkenntnisse des Schreibmotorik Instituts weisen darauf hin, dass Kinder durch gutes Motoriktraining schneller und besser schreiben. Daher plädieren wir aus wissenschaftlicher Sicht dafür, gemeinsam mit der Pädagogik neue Methoden für den Schreibunterricht in Schulen zu entwickeln – zum Vorteil für Kinder und Lehrkräften.“

Wie gravierend sind die Probleme mit dem Handschreiben in der Schule? Und was lässt sich dagegen tun? Um diese Fragen zu klären, hatte der Deutsche Lehrerverband (DL) gemeinsam mit dem Schreibmotorik Institut, Heroldsberg, die Umfrage gestartet. Sie wurde zwischen Dezember 2014 und März 2015 online durchgeführt. Dabei wurden Lehrkräften aus Grundschulen und aus weiterführenden Schulen getrennte Fragebögen vorgelegt. An der Umfrage haben sich insgesamt mehr als 2.000 Lehrerinnen und Lehrer aus ganz Deutschland beteiligt. Die Umfrage ist die erste ihrer Art in Deutschland; erstmals lassen sich damit qualifizierte Aussagen zur Entwicklung der Handschrift von Schülern treffen.

Die Ergebnisse im Einzelnen:

  • Das Problem der schlechten Schrift wird in der weiterführenden Schule sehr deutlich. Sind in der Grundschule noch 58 Prozent der befragten Lehrer mit der Entwicklung der Handschrift ihrer Schüler „sehr zufrieden“, „zufrieden“ oder nennen sie „befriedigend“, so sind dies in der weiterführenden Schule nur noch 22 Prozent.
  • Und ein Großteil der Schülerinnen und Schüler leidet darunter: Mehr als die Hälfte der befragten Lehrerinnen und Lehrer an weiterführenden Schulen beobachten gerade mal bei höchstens 38 Prozent ihrer Schülerinnen und Schüler, dass diese 30 Minuten oder länger beschwerdefrei schreiben können.
  • Es geht dabei auch um Bildungschancen: Nur die wenigsten befragten Lehrer (0,7 Prozent an weiterführenden Schulen, 1,4 Prozent an Grundschulen) sehen keinen Zusammenhang zwischen der Handschrift eines Schülers und seinen schulischen Leistungen. 
  • Die häufigsten genannten Ursachen aus Lehrersicht sind in der Grundschule: „Schlechte Feinmotorik“ (84 Prozent), „Zu wenig Übung zu Hause“ (61 Prozent) und „Fortschreitende Digitalisierung der Kommunikation“ (53 Prozent). In der weiterführenden Schule: „Wenig Interesse der Schüler an handschriftlichem Schreiben“ (69 Prozent), „Fortschreitende Digitalisierung der Kommunikation“ (69 Prozent) und „Zu wenig Übung zu Hause“ (65 Prozent). Dabei waren Mehrfachnennungen möglich.
  • Die Schreibmotorik hat sich im Durchschnitt in den vergangenen Jahren verschlechtert, meinen schulformübergreifend 87 Prozent der befragten Lehrkräfte.
  • Als Gegenmaßnahmen fordern jeweils drei Viertel (74 Prozent) der befragten Grundschullehrkräfte ein „Spezielles motorisches Schreibtraining“ sowie „Mehr Zeit zur Förderung im Unterricht“. An den weiterführenden Schulen sind dies 61 Prozent bzw. 67 Prozent.
  • „Handschreiben lernen ist wichtig“ oder sogar „sehr wichtig“ – dies meinen 98 Prozent der befragten Lehrerinnen und Lehrer.

Der Deutsche Lehrerverband (DL) ist die Dachorganisation von 160.000 Lehrern, die in Bundesverbänden organisiert sind. Diese sind: der Deutsche Philologenverband e. V., der Verband Deutscher Realschullehrer, der Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen e. V. sowie der Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen e. V.

Das Schreibmotorik Institut e. V., Heroldsberg, ist eine bundesweit einzigartige Einrichtung. Es beschäftigt sich mit der Forschung auf den Gebieten der Schreibmotorik und der Schreibergonomie, vernetzt relevante Institutionen im Bereich des Handschreibens und versammelt Experten, die sich seit Jahren in Theorie und Praxis mit effizientem Schreiben beschäftigen. Es hat Lehrmaterialien für den Schreibunterricht entwickelt und bietet Seminare für Pädagogen an. Das Institut wird vom Schreibgeräte-Hersteller Stabilo unterstützt, ist aber unabhängig und gemeinnützig.

Zu der detaillierten Auswertung der Ergebnisse gelangen Sie über diesen Link.

Zu der detaillierten Auswertung der Ergebnisse gelangen Sie über diesen Link: Schreibmotorik und Handschrift

Schreibmotorik Institut e. V.
   Schwanweg 1
   90562 Heroldsberg
   www.schreibmotorik-institut.com

Deutscher Lehrerverband (DL)
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      10823 Berlin
      www.lehrerverband.de