DL-Präsident Stefan Düll zum Bildungsbericht 2024: „Schulen brauchen die Besten – engagierte, erstklassig ausgebildete Menschen“

Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbands, äußert sich wie folgt zum aktuellen Bildungsbericht 2024: „Ich begrüße, dass der Bildungsbericht 2024 so eindringlich eine ausreichende Finanzierung des Bildungssystems fordert. Wir spüren den Mangel im Alltag an allen Ecken und Enden an den Schulen: Wir haben zahlreiche sanierungsbedürftige bis baufällige Schulen, es fehlt an Lehrkräften und teils sogar an Schulplätzen für die vorhandenen Kinder und Jugendlichen, und die Ausstattung für die Digitalisierung stockt, weil Länder und Bund sich nicht bei der Fortsetzung des Digitalpakts einigen können.

Wir müssen uns ehrlich der Frage stellen, wie ein vom Grundsatz her gut funktionierendes System die in kurzer Folge auftretenden Herausforderungen personell, materiell und ideell bewältigen will. Seit Jahren müssen zunehmend mehr Lernenden in den Schulbetrieb integriert werden, die kein Deutsch sprechen und aus Familien und Kulturen mit gänzlich anderen Bildungstraditionen kommen. Und ein Ende ist nicht absehbar. Man muss sogar befürchten, dass die Zahl an Analpha­beten von derzeit über 6 Millionen im Land steigen wird. Immer mehr junge Menschen gehen ohne Schulabschluss in unqualifizierte Tätigkeiten in der Wirtschaft. Offenbar fehlen die Anreize, einen Abschluss zu machen. Hier ist definitiv auch die Wirtschaft gefordert, zu qualifizieren. Das Startchancenprogramm mit seinen 20 Mrd. € ist eine tolle Initiative. Das Problem: Sie muss ohne jede Entlastungsstunde im Implementierungsprozess von den Schulleitungen und Lehrkräfte geschultert werden, obgleich sie von der Last der bisherigen Aufgaben schon erdrückt werden.

Im Übrigen erwartet die Politik permanent die Lösung gesamtgesellschaftlicher Probleme durch verstärkte Bildungs- und Erziehungsanstrengungen der Lehrkräfte. Der Klimawandel wird aber nicht an den Schulen aufgehalten oder verlangsamt, die Energiewende nicht an den Schulen bewirkt, die Zuwanderungsfrage dort nicht gelöst – und dass offenbar immer mehr Erwachsene Jahre nach ihrem schulischen Abschluss ihre Stimme außerhalb des demokratischen Parteienspektrums abgeben, dafür ist Schule auch nicht verantwortlich. Hier müssen ganz andere ihre Hausaufgaben machen.

Letztlich braucht es mehr Lehrkräfte und mehr flankierendes Personal in den Bereichen Verwaltung, Technikbetreuung, Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Psychologie, um das permanente Change- und Stressmanagement zu stemmen. Und als Lehrkräfte brauchen wir die Besten – engagierte, erstklassig ausgebildete Menschen, die unseren Kindern und Jugendlichen dienen wollen. Eine Verschlimmbesserung der Ausbildung durch Herabsetzung der Standards unter dem Deckmantel einer dualen Ausbildung für Lehrkräfte und den verstärkten Einsatz von Seiteneinstiegspersonen ohne angemessene pädagogisch-didaktische Schulung darf es daher nicht geben.“