Neue KMK-Verwaltungsvereinbarung:

Meidinger: Da ist eine historische Chance verspielt worden!

Nach Ansicht des DL-Präsidenten Heinz-Peter Meidinger hat die KMK mit ihrer aktuell vorgelegten neuen Verwaltungsvereinbarung die große Chance vergeben, einen Bildungsstaatsvertrag auf den Weg zu bringen, der endlich das Bildungswesen in Deutschland auf eine sichere, gemeinsame gesetzliche Grundlage mit detaillierten Regelungen stellt.

Meidinger betonte: „Insgesamt muss man der KMK attestieren, dass sie vor einem Jahr mit dem Plan eines großen Bildungsstaatsvertrag als Löwe losgesprungen und jetzt mit einer Einigung auf kleinstem gemeinsamen Nenner in einer einfachen Ländervereinbarung mit vielen vagen Absichtserklärungen als Bettvorleger gelandet ist Damit wurde von der KMK eine historische Chance verspielt, endlich konkret und verbindlich die Vergleichbarkeit und die Qualität im deutschen Bildungssystem sicher zu stellen und zu erhöhen. Die neue Verwaltungsvereinbarung bringt nur in wenigen Teilbereichen Fortschritte und verbleibt bei den meisten zentralen Fragen der Abschlüsse, der Schulstruktur und Lehramtsausbildung sowie der Qualitätssicherung im Vagen und Allgemeinen!“

Zwar begrüße der DL die Verabredung eines Rechtschreibrahmens für die Grundschule und das Ziel, mehr Angleichung in der Vorabiturphase zwischen den Ländern zu erreichen. Aber gerade die Absprache, ab 2023 50 Prozent der Abituraufgaben in den Kernfächern aus dem Aufgabenpool zu entnehmen, bleibe wirkungslos, wenn anschließend die Länder weiter einseitig ihre Bewertungsrahmen ändern dürften, wie dies in der Vergangenheit ständig geschehen ist.

Meidinger führte aus: „Wenn es schon als Erfolg ausgegeben werde, dass die KMK „die Überprüfung der Möglichkeit einheitlicher Namensgebung für die Schularten“ verabredet habe, dann ist das zutiefst ernüchternd. Wir befürchten, dass die neue Verwaltungsvereinbarung keinen Fortschritt auf dem Weg zu mehr Vergleichbarkeit, mehr Qualität und mehr Mobilität im deutschen Schulsystem bringen wird. Es bleibt auch fraglich, ob damit die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für ein vergleichbares Abitur in Deutschland erfüllt werden können.“

Wenig Wirkungskraft verspricht sich der DL zudem von der geplanten Einrichtung eines wissenschaftlichen Beirats, bei dem ausdrücklich alle von Schule direkt Betroffenen, also Vertreter von Eltern, Schülern und Lehrkräften außen vor bleiben sollen. „Das mag für die KMK bequemer sein, die Akzeptanz für vorgeschlagene Konzepte wird es aber nicht erhöhen!“ unterstrich der DL-Vorsitzende abschließend.

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Für Stellungnahmen erreichen Sie DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger unter 0160 – 52 75 608.

Für den Inhalt verantwortlich: Geschäftsstelle Deutscher Lehrerverband – Anne Schirrmacher

Bildungsföderalismus

Harte Kritik an der Kultusministerkonferenz hat der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, geäußert. Er betonte: „Es ist absolut frustrierend: Die Bildungsqualität in Deutschland muss gesichert und verbessert und gleichzeitig eine hohe Vergleichbarkeit angestrebt werden, um den in die Kritik geratenen Bildungs­föderalismus auf eine sichere neue Grundlage zu stellen. Trotzdem schaffen es unsere Schulministerinnen und Schulminister Sitzung für Sitzung nicht, dies mit einem Grundsatzbeschluss über einen Bildungsstaatsvertrag in Verbindung mit der Einrichtung des im Koalitionsvertrag vereinbarten nationalen Bildungsrats umzusetzen.“

Der Verbandsvorsitzende verwies darauf, dass in allen Bundesländern das demoskopische Urteil über die Zuständigkeit der Bundesländer für Bildungsfragen miserabel ausfalle. Ursachen dafür seien tatsächliche Missstände, für die zwar einzelne Bundesländer mehr Verantwortung trügen als andere, für deren Beseitigung aber alle gemeinsam in der Pflicht seien. Meidinger nannte als Beispiele die enormen Unterschieden bei Schülerleistungs­vergleichen zwischen Bundesländern im Umfang von über zwei Lernjahren, die bereits 2017 sogar vom Bundesverfassungsgericht festgestellte Unvergleichbarkeit der deutschen Länderabiture, der Wildwuchs an Schularten und Lehramtsstudiengängen sowie die dadurch erschwerte Mobilität zwischen den Bundesländern.

Er bekräftigte: „Wir brauchen einen Bildungsstaatsvertrag, um die Bildungsqualität in Deutschland durch konkrete, detaillierte Festlegungen und Beschlüsse beispielsweise hinsichtlich vergleichbarer Abschlussprüfungen auf hohem Niveau zu regeln. Nur so werden wir der Verpflichtung, unseren Kindern und Jugendlichen vergleichbare Lebens- und Zukunftschancen durch bestmögliche Bildung zu bieten, gerecht werden können!“

Der DL-Präsident ließ allerdings keinen Zweifel an seiner Überzeugung aufkommen, dass die Zuständigkeit für Bildung am besten bei den Bundesländern aufgehoben sei.

Voraussetzung dafür sei aber, dass es einen funktionierenden Wettbewerbsföderalismus gebe und dass man sich bei KMK-Beschlüssen nicht regelmäßig mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner zufrieden gebe. Meidinger appellierte in diesem Zusammenhang auch an die Ministerpräsidenten und die Parlamente der Länder, ihrer Verantwortung für diese riesige Zukunftsaufgabe gerecht zu werden und parteipolitische Erwägungen hintanzustellen.

Für Stellungnahmen erreichen Sie DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger unter 0160 – 52 75 608.

Für den Inhalt verantwortlich: Geschäftsstelle Deutscher Lehrerverband – Anne Schirrmacher

Soll man den Bildungsföderalismus abschaffen?

Es vergeht heute kaum ein Monat in Deutschland, in dem nicht eine demoskopische Umfrage veröffentlicht wird, wonach 80 oder 90 Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung für eine Bundeskompetenz in Schul- und Bildungsfragen sind. Der Ärger über den Bildungsföderalismus, so wie er heute funktioniert – oder besser gesagt: so, wie er heute leider nicht funktioniert – ist übergroß.

Aus mindestens zwei Gründen wird er aber nicht abgeschafft werden, heute nicht und auch morgen nicht:

  1. Die Zuständigkeit für das Schulwesen ist eigentlich die letzte Kernzuständigkeit, die den Bundesländern noch geblieben ist. Bei einem Wegfall der Gestaltungskompetenz im Schulbereich wäre das Bundesstaatsprinzip grundsätzlich in Frage gestellt. Und genau das hat unsere Verfassung in Art. 79 (3) GG mit einer Ewigkeitsgarantie versehen.
  2. Zwar sind viele Bürger mit Recht sehr kritisch gegenüber der Bildungspolitik in vielen Ländern eingestellt, im Grund wissen sie aber auch, dass sich durch eine Bundeszuständigkeit nichts verbessern würde. Im Gegenteil: Zentralismus bedeutet immer auch Nivellierung auf niedrigerem Niveau und letztendlich noch mehr Praxis- und Schulstandortferne. Wäre im Nachkriegsdeutschland von Anfang an der Bund für Schulfragen zuständig gewesen, gäbe es bei uns seit den 70er-Jahren eine Einheitsschule mit insgesamt noch schlechteren Leistungsergebnissen.

Trotzdem funktioniert der Bildungsföderalismus derzeit bei uns nicht so richtig, wie der Wildwuchs an Schularten und die enorm hohen Leistungsdifferenzen zwischen einzelnen Bundesländern zeigen.

Mit der Lockerung des Kooperationsverbots durch die Erweiterung der Art. 104 c GG ist die Zuständigkeit der Länder bei der inhaltlichen Gestaltung des Schulbereichs und beim Personal unangetastet geblieben, dem Bund aber die Möglichkeit gegeben worden, sich bei Investitionen in die schulische Infrastruktur zu beteiligen. Das begrüßt der Deutsche Lehrerverband.

Was wir aber unbedingt brauchen, ist ein echter Wettbewerb zwischen den Ländern im Bildungsbereich, der bislang durch die Blockade leistungsschwacher und leistungsfeindlicher Bundesländer in der Kultusministerkonferenz verhindert wurde. Um echten Wettbewerb bei gleichzeitig notwendiger Einigung auf möglichst hohe gemeinsame Leistungsstandards zu erreichen, brauchen wir eine neue Vereinbarung zwischen den Ländern im Bildungsbereich oberhalb der KMK. Ich plädiere für einen Bildungsstaatsvertrag, der endlich Vergleichbarkeit auf hohem Niveau, ein Ende der Reformwut in der Bildungspolitik und möglichst hohe Mobilität zwischen den Bundesländern sicherstellt. Wir brauchen bundeseinheitliche klare Regelungen zu Beginn und Dauer der Schulpflicht, den Übergang in die Sekundarstufe I und II, die Zulassung zur Abiturprüfung, wo derzeit jedes Land eigene Modelle fährt, zur einheitlichen Zuordnung von Lehrämtern zu Besoldungsstufen, zur Qualität einer differenzierten Lehrerbildung und wir brauchen eine Ende des Wildwuchses von immer neuen Schulformen.

Letztendlich kann ein Wettbewerbsföderalismus im Bildungsbereich auch nur funktionieren, wenn größtmögliche Transparenz herrscht und wenn die Bundesländer, die am Ende der Leistungsskala stehen, den Mut haben, wieder mehr Leistung einzufordern.

Ein so verstandener ehrlicher und offener Wettbewerbsföderalismus, der sich in einem Staatsvertrag auf grundsätzliche Standards und Regeln verständigt hat, wird auch in der Bevölkerung wieder mehr Zustimmung und Akzeptanz finden.

Heinz-Peter Meidinger,

Präsident des Deutschen Lehrerverbands