Mathematik-Abitur 2020

Meidinger: „Bundesweiter Aufgabenpool steht kurz vor dem endgültigen Scheitern!“

Nachträgliches Notenlifting beim Mathematikabitur scheine in Deutschland mittlerweile regelmäßige Praxis in einigen Bundesländer zu werden, kritisierte der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, die Entscheidung der Schulministerien in Sachsen und Bremen, die Abiturnoten in Mathematik um einen bzw. zwei Punkte anzuheben. Bereits im Jahr 2019 waren in zwei Bundesländern die Abiturnoten nachträglich geschönt worden.

Der Verbandspräsident wies darauf hin, dass es bei der Notenanhebung ausdrücklich nicht um den Ausgleich von coronabedingten Nachteilen ging – dann hätten ja alle Bundesländer Grund gehabt, Abiturnoten anzuheben –, sondern darum, dass die Schülerinnen und Schüler aus diesen  Bundesländern nach Angabe der Ministerien mit Aufgabenformaten aus dem länderübergreifenden Aufgabenpool nicht zurechtgekommen seien. Dazu erklärte Meidinger: „Ganz abgesehen davon, dass jeder nachträgliche, nur in einzelnen Bundesländern vorgenommene Eingriff in die Notengebung zu weiteren Ungerechtigkeiten führt, stellt sich jetzt doch die Frage, was ein länderübergreifender Aufgabenteil wert ist, der eigentlich für mehr Vergleichbarkeit sorgen soll, anschließend aber durch Notenlifting konterkariert wird. Wenn jetzt die Bremer Schulsenatorin ankündigt, dass ihr Bundesland generell den länderübergreifenden Aufgabenpool aussetzt, dann gibt es nur eine Schlussfolgerung: Der Aufgabenpool steht kurz vor dem Scheitern!“

Der DL-Präsident forderte die Kultusministerkonferenz auf, ganz schnell eine Entscheidung darüber zu treffen, wie sie zukünftig ein gerechtes Abitur in Deutschland sicherstellen will, das auf gleichen Maßstäben und auf gleichen oder absolut vergleichbaren Aufgabenstellungen beruht. Dieser Auftrag an die Länder gehe schließlich eindeutig aus dem letzten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Abitur hervor.

Meidinger betonte abschließend: „Es nutzt wenig, wenn sich die KMK wie auf der letzten Sitzung für die Verabschiedung gemeinsamer Abitur-Bildungsstandards für die Naturwissenschaften feiert, bei der konkreten und praktischen Frage eines bundesweit vergleichbaren, gerecht benoteten Abiturs aber regelmäßig versagt.“

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Für Stellungnahmen erreichen Sie DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger unter 0160 – 52 75 609.

Für den Inhalt verantwortlich: Geschäftsstelle Deutscher Lehrerverband – Anne Schirrmacher

Zum Vorstoß der baden-württembergischen Kultusministerin Eisenmann

Für ihren Vorstoß zur mittelfristigen Einführung eines bundesweit geltenden Zentralabiturs hat der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, die baden-württem­bergische Kultusministerin Susanne Eisenmann gelobt und die Politik aufgefordert, endlich zu handeln, um Vergleichbarkeit und Qualität des Abiturs in Deutschland wiederherzustellen. Er freue sich, dass damit ein Vorschlag des DL aufgegriffen worden sei.

Er betonte: „Spätestens nach den Vorgängen rund um das Matheabitur 2019 und der Fest­stellung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Abiturnoten in Deutschland derzeit nicht vergleichbar sind, besteht dringender Handlungsbedarf, wenn man das Abitur als entscheidende Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland retten will.“ Der Verbandsvorsitzende verwies darauf, dass das Modell des gemeinsamen Aufgabenpools, der die Vergleichbarkeit sichern sollte, praktisch gescheitert sei und fügte an: „Ein Aufgabenpool, der es erlaubt, dass Länder sich gar nicht daraus bedienen bzw. daraus entnommene Aufgaben abändern und der es sogar ermöglicht, dass nachträglich in die Bewertung von Aufgaben aus dem Pool eingegriffen wird, ist das Papier nicht wert, auf dem diese Aufgaben geschrieben stehen!“

Die einzige logische Konsequenz könne nur lauten, statt eines Aufgabenpools gemeinsame Prüfungen in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und einer Fremdsprache anzustreben und diese auch nach gleichen Erwartungshorizonten zu bewerten, so Meidinger. Jenseits dieser Kernfächer dürfe es durchaus weiter Spielräume für landeseigene Schwerpunktsetzungen geben.

Er ergänzte: „Dafür müssen in einem Staatsvertrag zwischen den Ländern klare Vereinbarungen und ein fester Zeitplan entwickelt werden. Wegen der in den Ländern notwendigen Anpassungen u.a. der Lehrpläne halte ich das Zieldatum 2025 bis 2030 als Termin für das erste deutschland­weite Zentralabitur für möglich und realistisch!“

Im Gegensatz zu Frau Eisenmann glaubt der DL-Präsident allerdings, dass auch ein Nationaler Bildungsrat bei der angestrebten Staatsvertragslösung ein hilfreicher Partner sein könnte.

Als Grundbedingung eines Zentralabiturs am gleichen Tag in Kernfächern bezeichnete es Meidinger, dass diese Vereinheitlichung nicht auf Kosten der Qualität erfolgen dürfe. Er gehe allerdings davon aus, dass bei gleichen Bedingungen die Qualität der Abiturienten aus den verschiedenen Bundesländern auch gerechter beurteilt und klarer sichtbar werden könne.

„Weiterwursteln mit den Aufgabenpools wie bisher würde bedeuten, dass das Abitur seine Bedeutung und seine Funktion bei der Studienzulassung verlieren wird. Hochschuleingangs­prüfungen als Alternative bringen aber mit Sicherheit weder mehr Vergleichbarkeit noch mehr Qualität und schon gar nicht mehr Bildungsgerechtigkeit!“ sagte der DL-Präsident abschließend.

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Nach Eingriffen in das Mathe-Abitur durch Hamburg und das Saarland:

Nach der Aufwertung der Ergebnisse der Mathe-Abiturprüfungen im Saarland und der Entscheidung Hamburgs, Verbesserungen des Mathe-Abiturs durch mündliche Prüfungen zuzulassen, hat der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, harte Kritik an der mangelnden Vergleichbarkeit des deutschen Abiturs geübt. Er betonte: „Das Konzept der Kultusministerkonferenz, das Abitur in Deutschland in den Kernfächern Deutsch, Fremdsprache und Mathematik durch Aufgabenpools vergleichbarer zu machen, ist komplett gescheitert. Welchen Sinn haben Aufgabenpools, wenn einzelne Bundesländer diese nicht in Anspruch nehmen bzw. eigenmächtig nachträglich in Abiturbewertungen eingreifen, um vermutete Nachteile für ihre Landeskinder zu vermeiden? Leider hat sich die kürzlich vom Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit dem sogenannten Medizinerurteil geäußerte Kritik an der mangelnden Vergleichbarkeit der Landeszentral-abiturprüfungen als vollkommen berechtigt herausgestellt.“

Der Verbandsvorsitzende betonte, dass er den Abiturienten, die jetzt begünstigt würden, zwar die besseren Noten gönne. Allerdings seien jetzt diejenigen Prüflinge benachteiligt, deren Landesregierungen dem Druck der Onlinepetitionen nicht nachgegeben hätten. Er fügte an: „Es ist zu befürchten, dass wir es zukünftig jedes Jahr wieder mit einer Flut von Onlinepetitionen zum Schwierigkeitsgrad verschiedener Abiturprüfungen samt anschließend differierender Reaktionen betroffener Bundesländer zu tun bekommen werden. Von vergleichbar konzipierten und bewerteten Abiturprüfungen sind wir weiter entfernt denn je.“

Abschließend erneuerte der DL-Präsident seinen Vorschlag bzw. seine Forderung, mittelfristig beim Abitur in den Kernfächern deutschlandweit an denselben Tagen die exakt gleichen Abiturprüfungen zu schreiben und diese anhand exakt gleicher Erwartungshorizonte zu bewerten. Anderenfalls – so Meidinger – sei es nur eine Frage der Zeit, wann das Abitur seine Funktion bei der Studienfachzulassung verliere. Die dann drohenden generellen Hochschuleingangsprüfungen würden aber mit Sicherheit nicht zu mehr Vergleichbarkeit und Bildungsgerechtigkeit führen, sondern zu noch weniger.

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