Statement von Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbands:
„Eine gesetzliche Altersgrenze für soziale Medien klingt verlockend, ist aber weder realistischerweise umsetzbar noch sinnvoll. Wir alle leben längst in einer digitalen Welt – Kinder und Jugendliche müssen lernen, sich dort sicher und verantwortungsvoll zu bewegen. Pauschale Verbote helfen dabei nicht weiter.
Zudem nutzen viele Familien Social Media, um miteinander in Kontakt zu bleiben – auch über Generationen hinweg. Das gilt für Kinder, deren Verwandte in einem anderen Teil von Deutschland wohnen, genauso wie für geflüchtete Kinder, die mit ihrem Vater in der ukrainischen Armee oder mit ihren Großeltern in Aleppo kommunizieren. Ein Verbot wäre kaum umsetzbar und greift unnötig in den Alltag ein.
Stattdessen braucht es eine gezielte Förderung von Medienkompetenz – in den Familien, aber vor allem in den Schulen. Politik und Bildungseinrichtungen müssen hier Verantwortung übernehmen, auch in der Lehrerausbildung und mit besserer Ausstattung. Das Suchtpotenzial von Internet und Social Media als „Digital Crack“ spüren die Erwachsenen ebenso wie die Kinder und Jugendlichen – viele haben schon erlebt, dass sie mehr Zeit online verbringen als geplant. Da kann allerdings nicht die Lösung sein, den Jugendlichen plötzlich mit dem 16. Geburtstag den Zugang zu eröffnen, sondern Kindern und Jugendlichen entsprechend ihrem Alter an eine immer eigenverantwortlichere Nutzung des Internets und der verschiedenen Online-Dienste – auch Social Media – heranzuführen.
Eltern haben dabei einerseits eine Vorbildfunktion in ihrem eigenen Gebrauch des Internets und eine begleitende Erziehungsrolle. Die Politik wiederum muss diese Aufgabe in der Lehrerausbildung und in der personellen Ausstattung der Schulen berücksichtigen.
Social Media-Dienste wie Youtube sind auch wichtige Lernorte – neben zusätzlichen Erklärungen von Schulinhalten können Kinder und Jugendliche dort auch Anleitungen und Inspiration für verschiedene Hobbies finden. Challenges auf Tiktok können sowohl harmlos und gemeinschaftsbildend sein – z.B. in den Bereichen wie Musik und Tanz – als auch schädlich: Wichtig ist hier, den Kindern und Jugendlichen eine gute Urteilsfähigkeit zu vermitteln, die sie genauso brauchen, wenn es um Mutproben in ihrer Peergroup vor Ort geht.
Wir sollten nicht ständig diskutieren, was Kindern verboten wird – sondern was wir ihnen ermöglichen. Mehr Freizeitangebote, mehr sichere Online-Räume, mehr Bildung. Denn digitale Teilhabe ist Realität – und die muss man lernen, nicht verbieten.“
Für Stellungnahmen erreichen Sie DL-Präsident Stefan Düll über presse@lehrerverband.de bzw. über 0151-10926848.
Für den Inhalt verantwortlich: Geschäftsstelle Deutscher Lehrerverband – Anne Schirrmacher