Demokratie- und Wertebildung in der Schule – Tagung 14.03.2025 in Wittenberg

Der Deutsche Lehrerverband führt gemeinsam mit dem DPhV und in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt am 14.03.2025 in der Lutherstadt Wittenberg eine Lehrkräftefortbildung zum wichtigen Thema „Demokratie- und Wertebildung in der Schule“ durch.

Neben drei Vorträgen zu den Themen

  • Was bedeutet das „Neutralitätsgebot“ für Schulen und wie „neutral“ muss Schule sein
  • Wertebildung und Bedeutung der Sprachbildung
  • Nachrichtennutzung von Jugendlichen – Bildung zur Demokratiefähigkeit

werden zwei Gesprächsrunden und sechs interessante Workshops in zwei Runden angeboten.

Die Teilnahmegebühr beträgt 10 €.

Die Anmeldung ist ab dem 02.12.2024 möglich unter https://kurzlinks.de/demokratietagung_wittenberg. Anmeldeschluss ist der 01.03.2025.

Den digitalen Programmflyer finden Sie hier zum Download Demokratie-Wertebildung_Wittenberg_14.03.2025

Das Programm:

09:30 – 10:00 Uhr: Begrüßungskaffee
10:00 – 10:05 Uhr: Eröffnung – Tagesmoderation: Bastian Wierzioch, mdr
10:05 – 10:20 Uhr: Grußwort Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt
10:20 – 10:45 Uhr: Begrüßungstalk „Demokratie- und Wertebildung – Politische Bildung und Schule gemeinsam“
Jürgen Böhm, Staatssekretär im Ministerium für Bildung des Landes Sachsen-Anhalt
Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes
10:45 – 11:15 Uhr: Vortrag
Was bedeutet das „Neutralitätsgebot“ für Schulen und wie „neutral“ muss Schule sein?
Prof. Dr. Andreas Petrik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
11:15 – 11:45 Uhr: Vortrag
Wertebildung und Bedeutung der Sprachbildung
Prof. Dr. Sabine Anselm, Ludwig-Maximilians-Universität München
11:45 – 12:30 Uhr: Talkrunde mit anschließender Diskussion
Demokratie- und Wertebildung – Aktuelle Herausforderungen und Umsetzungsmöglichkeiten: Vorurteile und Extremismus überwinden
Maik Reichel, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt
Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbandes
Prof. Dr. Andreas Petrik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Dirk Heyartz, Vorsitzender des Bundeselternrates
12:30 – 13:30 Uhr: Mittagspause
13:30 – 14:00 Uhr: Vortrag
Nachrichtennutzung von Jugendlichen – Bildung zur Demokratiefähigkeit
Meinolf Ellers, Geschäftsführer #UseTheNews
14:15 – 15:15 Uhr: 6 Workshops (1. Runde)
1. Politische Bildung in stürmischen Zeiten –
wie umgehen mit Extremismus und
Verschwörungstheorien im Klassenzimmer?
2. Interkulturelles Lernen als Wertebasis in
der diversen Gesellschaft
3. Spielend gegen Fake-News
4. Grundwertebildung an Schulen mit 10drei e.V.
5. Musik in den Fächern und ihr Beitrag zur
Demokratiebildung – fachübergreifend
6. Die rassismuskritische VR-Brille
15:15 – 15:45 Uhr: Kaffeepause
15:45 – 16:45 Uhr: 6 Workshops (2. Runde)
identisch mit denen der 1. Runde mit Ausnahme von
Workshop 5, stattdessen:
Die Chancen des Philosophie- und Ethikunterrichts
als wertereflektierendes Fach im Lichte der Pluralität
und gesellschaftlicher Kontroversen
16:50 – 17:00 Uhr: Schlusswort

Zu den Ergebnissen von TIMSS

Titelbild TIMSS 2023 – (c) Waxmann Verlag

Zu den heute veröffentlichten Ergebnissen von TIMSS 2023 (Trends in International Mathematics and Science Study) äußerte sich DL-Präsident Stefan Düll gegenüber verschiedenen Medien u.a. wie folgt:

Die Ergebnisse sind nicht herausragend, und vor allem die Schülerinnen und Schüler im unteren Leistungsbereich machen uns Sorgen. Mit einer „Glas-Halbvoll“-Perspektive muss aber darauf hingewiesen werden, dass die Ergebnisse in Mathematik sich seit der Timss-Ausgabe 2019 nicht verschlechtert haben, obwohl die getesteten Jahrgänge in ihrer Schulstartphase von den Corona-Schulschließungen betroffen waren. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Auswirkungen der Schulschließungen in den vergangenen Schuljahren durch den Einsatz der Lehrerinnen und Lehrer in den Grundschulen inzwischen aufgefangen werden konnten. Bei den IQB-Leistungsstudien und den PISA-Ergebnissen hatten wir noch Verschlechterungen zum Vor-Pandemie-Zeitraum gesehen, welche Tendenz sich jetzt verstetigt, müssen wir beobachten.

Sprache ist das A und O, auch im Mathematikunterricht. Aufgaben im sprachlichen Kontext nehmen zu, die klassischen Rechenaufgaben eher ab. Dann kommt es darauf an, wieviel Mathematikverständnisüber das Elternhaus vermittelt wird. Schule baut immer darauf auf, was Kinder in der Familienkultur lernen, erleben und begreifen.

Deutsch als Bildungssprache ist die Grundvoraussetzung für die Leistungen in allen Fächern, auch in Mathematik und Naturwissenschaften, denn ohne gute, differenzierte und sich entwickelnde Sprachkenntnisse können die Kinder Erklärungen und Aufgabenstellungen nicht verstehen. Daher müssen wir besonders unser Augenmerk darauf richten, dass Kinder mit adäquaten Sprachkenntnissen eingeschult werden, damit sie ihre Bildungsbiographie mit Erfolgserlebnissen beginnen können. Wir befürworten daher flächendeckende Sprachtests im Kita-Alter und daraus folgend – wo notwendig – verpflichtende Sprachförderung vor der Einschulung oder ggfs. auch eine Rückstellung bei der Einschulung. Hamburg macht das seit einigen Jahren, mit sehr guten Erfolgen. Bayern zieht nach. Thüringen spricht im Koalitionsvertrag von einem ‚Gesamtkonzept Sprachförderung‘. Kein Bundesland kann es sich leisten, nicht die Sprachdefizite schon vor der Einschulung zu beheben.

Das betrifft nicht nur Kinder mit Migrationshintergrund. Eltern aus unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft sind vom Arbeitsalltag so gestresst, dass sie auf elektronische Medien als Babysitter zurückgreifen, statt sich emotional und sprachlich mit ihren Kindern auseinanderzusetzen, was sich auch im sozialen Umgang der Kinder untereinander bemerkbar macht. Der Kita-Besuch vor der Einschulung und die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen dort zeigt positive Auswirkungen in Bezug auf Sprache und soziale Kompetenzen.

Kinder in der Grundschule brauchen vor allem Zeit, Förderung und Übungsmöglichkeiten für die Grundfähigkeiten des Lesens, Schreibens und Rechnens. Wenn sie diese Grundfähigkeiten nicht auf dem Mindestlevel erreichen, spüren sie die Auswirkungen in ihrer gesamten Bildungs- und Berufskarriere. Grundschullehrkräfte brauchen für diese Förderung Zeit. Und wenn die Klassen in der Grundschule sehr leistungsheterogen sind und es Schülerinnen und Schüler mit sozio-emotionalen Schwierigkeiten gibt, dann brauchen die Kolleginnen und Kollegen Unterstützung durch flankierendes Personal im Bereich Schul-Assistenz, Schulsozialarbeit und Schulpsychologie.

Für den Bereich der Digitalisierung ist die Grundschule ist nicht der Ort, in dem jedes Kind ein Tablet braucht. Aber: Kinder haben zu Hause immer früher ein digitales Endgerät zur Verfügung, da viele Eltern es als eine Art digitalen Schnuller einsetzen. Darauf muss man Rücksicht nehmen. Man kann Geräte gezielt ausgeben, um damit etwas Sinnhaftes zu machen.

Wir beobachten auch die Abnahme im Bereich der leistungsstarken Kinder und Jugendlichen mit Sorge. Bei aller sehr wichtigen Förderung derer, die die Mindeststandards nicht erreichen, dürfen die Kinder, die uns auf den ersten Blick keine Sorgen machen, nicht einfach nur nebenherlaufen. Auch sie verdienen Förderung und Aufmerksamkeit auf ihrem Level.

Bildungs- und Finanzpolitik muss sich von der Ansicht verabschieden, der nächste technische Kniff – seit neustem KI – würde dabei helfen, den personellen und finanziellen Mangel im Bildungsbereich in Leistungserfolg bei den Kindern und Jugendlichen zu verwandeln. Leistungsvergleichsstudien sind wichtig, aber die Ergebnisse mit den großen Anteilen an Kindern und Jugendlichen, die die Mindestlevel nicht erreichen, zeigen uns, dass wir in Deutschland mehr in Bildung investieren müssen und das bedeutet in Köpfe und nicht allein in Digitalisierung. An dieser Tatsache wird auch die nächste und übernächste Leistungsstudie nichts ändern. Sie kann uns dann höchstens aufzeigen, ob wir in Sachen Investition und Förderung auf dem richtigen Weg sind.

Das neue Startchancenprogramm ist ein erster Anfang, allerdings: Nur weil ich große Summen Geld ausstreue, werde ich nicht sofort Erfolg haben. Die Schulen müssen planen, Personal einstellen, etwa Sozialpädagogen. Sie müssen Konzepte ausarbeiten. Da ist unheimlich viel miteinander zu reden, zu entscheiden. Und dann erst wird finanziert. Dafür brauchen Schulen Leitungszeit. Bis signifikante Verbesserungen sichtbar werden, wird es lange dauern.

Eigentlich hat Deutschland ein stabiles, gut funktionierendes Schulwesen. Doch es leidet an immer neuen Herausforderungen, sei es durch Digitalisierung, sei es durch die Flüchtlingswellen. Hinzu kommt: Es fehlen Lehrkräfte, es gibt kaum flankierendes Personal, die Digitalisierung läuft nur halbherzig, es gibt einen Sanierungsstau bei den Gebäuden, den Schulen werden neue Aufgaben zugewiesen, ohne alte zu nehmen. Das wirft die Schulen in ihren Anstrengungen zurück.

DL-Ehrenpräsident Heinz-Peter Meidinger: Feier seines 70. Geburtstags

Deutscher Lehrerverband und Deutscher Philologenverband feierten am 10.10.2024 ihren Ehrenpräsidenten bzw. Ehrenvorsitzenden Heinz-Peter Meidinger zu seinem 70. Geburtstag.

In seiner Amtszeit als DL-Präsident entwickelte Heinz-Peter Meidinger den Deutschen Lehrerverband weiter. Er war und ist bei allen Ansprechpartnern in Politik, Medien und Gesellschaft für differenzierte Betrachtungsweisen, klare berechenbare Haltungen und überzeugende Lösungsansätze bekannt.

Er analysiert Problemlagen mit großem Sachverstand und entwickelt Lösungen mit Gefühl für die Verhältnismäßigkeit und das Machbare.

Wir danken Heinz-Peter Meidinger für seinen jahrzehntelangen Einsatz für das Bildungswesen in Deutschland und wünschen ihm alles Gute zum Geburtstag!

Feier des Geburtstages von DL-Ehrenpräsident Heinz-Peter Meidinger
Einige Gäste der Geburtstagsfeier in Berlin (v.l.n.r.): DL-Präsident Stefan Düll, BvLB-Vorsitzender Pankraz Männlein, DL-Ehrenpräsident Heinz-Peter Meidinger, DPhV-Vorsitzende Susanne Lin-Klitzing, Staatssekretär im Bildungsministerium Sachsen-Anhalt Jürgen Böhm, Landrat Bernd Sibler, Georg Hoffmann, Vorsitzender der Jungen Philologen.

DL-Präsident fordert Sicherheitsbeauftragte – keine flächendeckenden Sicherheitsdienste

Ein Interview in der Neuen Osnabrücker Zeitung am 5.9. von Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, wurde von Agenturen und anderen Zeitungen mit der Überschrift „Lehrerverband fordert Sicherheitspersonal“ wiedergegeben. Der Deutsche Lehrerverband weist darauf hin, dass DL-Präsident Stefan Düll Personen an den Schulen fordert, die erweiterte Kenntnisse in Sicherheitsfragen haben – nicht gemeint sind damit flächendeckende Sicherheits- und Wachdienste an den Schulen, was ggfs. aus der verkürzten Wiedergabe so verstanden werden könnte. Wörtlich sagte Düll im Interview auf die Frage, was Schulen brauchen:  

„Wir brauchen an Schulen eine Person, die für die Sicherheit zuständig ist. Und damit meine ich nicht den klassischen Sicherheitsbeauftragten, der zweimal im Jahr einen Probefeueralarm organisiert. Sicherheit ist ein großes Feld, darunter fallen Gewaltprävention und Anti-Aggressionsschulungen, aber auch Verkehrssicherheit, Brandschutz und Krisenintervention. Darüber hinaus benötigen wir jemanden für die pädagogische Koordination an der Schule. Wir müssen an Schulen Strukturen schaffen, die gewährleisten, dass Personen bestimmte Aufgaben wahrnehmen können und das auch standardisieren. Umgesetzt werden kann das aber nur, wenn die verantwortlichen Lehrkräfte weniger Unterrichtsstunden leisten müssen. Es sollte sich um sogenannte Beförderungsstellen handeln, denn so schafft man Karrieremöglichkeiten und steigert auch noch die Attraktivität des Berufs.“ 

Zur Frage des Einsatzes von Sicherheitsdiensten an Schulen mit einer Häufung von Gewaltvorfällen sagte Düll: „Wir haben in Deutschland eine sehr offene Schulkultur, die vor allem auf Eigenverantwortung setzt. Dieser freiheitliche Ansatz zeichnet unser ganzes Bildungswesen aus. Natürlich wollen wir an unseren Schulen kein Sicherheitspersonal und keinen Stacheldraht drumherum. Aber dass das mancherorts zur Beruhigung der Lage Security-Personal eingesetzt wird, ist verständlich. Das ist aber keine flächendeckende Maßnahme, die notwendig ist. Wir haben über 40.000 Schulen in Deutschland und es wäre völlig unverhältnismäßig, vorsorglich Metalldetektoren einzuführen und Menschen abzustellen, die Taschen kontrollieren. Wir sind keine Strafjustizzentren.“ 

DL-Präsident Stefan Düll zu den Belastungen der Lehrkräfte

Insgesamt steigen die Belastungen im Beruf als Lehrkraft – aufgrund mehrerer Ursachen.  

Der Lehrkräftemangel gefährdet die Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen. Er führt zu stärkerer Belastung, u.a. durch größere Klassen, häufigere Notwendigkeit, für erkrankte Kolleginnen und Kollegen einzuspringen, und unterrichtsferne Tätigkeiten, die sich auf weniger Personen verteilen. Quer- und Seiteneinsteigende, die den Lehrkräftemangel teilweise auffangen sollen, müssen on Top durch Einzelne aus dem Kollegium gezielt betreut werden.  

Heterogenität der Schülerschaft gefährdet die Gesundheit. Die Schülerinnen und Schüler sind in den letzten Jahrzehnten in ihren Leistungen und in ihren Voraussetzungen heterogener geworden – dadurch ist mehr Aufwand und Zeit für die Vorbereitung des Unterrichts nötig. Es muss verstärkt leistungsdifferenziert vorbereitet werden. Dazu kommen unterschiedliche emotional-soziale Kompetenzen, die Kinder und Jugendliche aus ihren Elternhäusern mitbringen. Mitunter geht es statt Unterricht nur noch um die Disziplinierung der Klasse. Diese Situationen können zu deutlich mehr Stressfaktoren im Unterricht führen.  

Renitente oder desinteressierte Eltern gefährden die Gesundheit. Einige Eltern nehmen die Schule und Lehrkräfte eher als Gegner wahr oder zeigen völliges Desinteresse an den schulischen Belangen ihrer Kinder, statt eine Erziehungspartnerschaft zu ihrem Wohle und für ihre Bildung einzugehen. Konflikte um das Verhalten und die Leistungen der Kinder oder fruchtlose Kontaktversuche gegenüber den Eltern belasten Lehrkräfte und Schulleitungen zusätzlich.  

Die bloße Diskussion um die Reduktion der Teilzeitoptionen gefährdet die Gesundheit. Viele Lehrkräfte sehen sich aufgrund der verschiedenen Zusatzbelastungen nicht mehr in der Lage, als Lehrkraft in Vollzeit zu arbeiten und wollen in Teilzeit gehen oder sind es schon. Für sie ist die Diskussion ein Schlag ins Gesicht, aufgrund des Lehrkräftemangels die Teilzeitmöglichkeiten für Lehrkräfte deutlich einzuschränken. Sie sind verunsichert, demotiviert, kündigen innerlich, erkranken und erleiden gar einen Burnout. Dabei wird übersehen, dass eine Lehrkraft in Teilzeit immer noch besser für die Unterrichtsversorgung ist als eine Lehrkraft, die aufgrund von Burnout oder anderen Erkrankungen zeitweise ausfällt oder sogar in den vorzeitigen Ruhestand gehen muss. Eine voll ausgebildete Lehrkraft in Teilzeit ist zudem gegenüber einer nicht oder oberflächlich ausgebildeten “Lehrkraft” in Vollzeit vorzuziehen. Teilzeit-Optionen sind daher eine Form der Gesundheitsfürsorge und der Qualitätssicherung. 

Ein Dienstherr, der seiner Fürsorgepflicht nicht nachkommt, gefährdet die Gesundheit. Er muss die individuelle psychische und physische Gefährdungssituation analysieren, um Maßnahmen der Prävention und Intervention zu ergreifen. Der Aufbau entsprechender Strukturen bzw. arbeitsmedizinischer Dienste steckt hier noch in den Kinderschuhen. Vielfach ist bislang nur die Gefährdungsbeurteilung der Situation von Schwangeren gewährleistet. 

Das Abwälzen der Gesunderhaltungsaufgabe ausschließlich auf die Lehrkräfte gefährdet deren Gesundheit. Häufig werden Lehrkräfte Fortbildungsangebote gemacht, wie sie durch Ansätze wie Achtsamkeit, Meditation, gesunde Ernährung und Sport den Stress des schulischen Alltags ausgleichen und damit resilienter werden sollen. So wichtig eine stressausgleichende Lebensweise ist, es braucht mehr, um gesunde Lehrkräfte zu haben. Lehrkräfte sind auf vielen Ebenen zu entlasten. Schulen brauchen mehr flankierendes Personal in den Bereichen Verwaltung, Sozialarbeit, pädagogische Assistenz und Psychologie, um Lehrkräfte von unterrichtsfernen Aufgaben zu entlasten. Zusätzlich muss in die digitale Infrastruktur und die oft stark sanierungsbedürftigen Schulgebäude investiert werden, um die alltägliche Lehr- und Lernumgebung der Schulen für Kinder, Jugendliche und Lehrkräfte zu verbessern. 

KI-Anregungen für den Arbeitsalltag – und der Blick aufs Große, Ganze: Digitale Bildung in Schule, Lehrkräftebildung und Hochschule

 

DL-Präsident Stefan Düll

„Kompetent, digital, vernetzt? Innovationen für die Schule von heute!“ – unter dieser Fragstellung eröffneten die Konrad-Adenauer-Stiftung und der Deutsche Lehrerverband die gemeinsame Tagung am 12.06.2024. Dr. Melanie Piepenschneider, die Leiterin der Abteilung Politische Bildung der Konrad-Adenauer-Stiftung, stellte in ihrer Begrüßung die vernetzende Arbeit der Stiftung in diesem Bereich vor: Ansätze und Formate, mit denen junge Menschen für politische Bildung erreicht und in verschiedenen Formen für die Demokratie aktiviert werden können. Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, wies in seiner Begrüßung auf die rasante Entwicklung der Gesellschaft hin, in der digitale Medien in Arbeit, Kommunikation und Freizeit bestimmt: eine Entwicklung, auf die Schulen die Kinder und Jugendlichen vorbereiten muss, als Querschnittsaufgabe in allen Fächern – und eine Entwicklung, für die Schulen die notwendige Ausstattung benötigen

Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch

Neben KAS und DL war auch die Berliner Senatsverwaltung für Bildung an der Tagung beteiligt – ihre Dienstherrin, Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch, eröffnete das erste Panel „Medienkompetenz für Demokratieerziehung“ mit einer Keynote zum Thema. Sie sprach darüber, wie Schulhöfe auch ein Seismograph für die gesellschaftlichen Stimmungen und Meinungen seien. Klassische Medien spielten für Kinder und Jugendliche kaum noch eine Rolle, die Meinungsbildung finde über Social-Media-Plattformen statt, die allerdings über Aufmerksamkeit und Überemotionalität funktionierten statt über sachliche Information und Auseinandersetzung. Fake News verbreiteten sich schneller als ihre Berichtigungen, Überforderung durch falsche Informationen führe zur Abkehr von der Demokratie. Nicht nur die Schule, sondern die ganze Gesellschaft, insbesondere auch die Elternhäuser, hätten die wichtige Aufgabe, Kinder und Jugendliche durch Medienbildung zu unterstützen. Demokratien seien aber nicht wehrlos. Schulen müssten durch klugen Einsatz den Kindern und Jugendlichen die Nutzung der digitalen Medien für Information und Recherche, Vernetzung, Teilhabe und Kommunikation nahebringen.

v.l.n.r: Senatorin Günther-Wünsch, Moderatorin Annette Kuhn, DL-Präsident Stefan Düll und Sandra Jütte von #UseTheNews

In der anschließend von Annette Kuhn von Table.Media moderierten Diskussion mit Stefan Düll und Sandra Jütte sprach die Senatorin sich dafür aus, dass Medien- und Demokratiebildung in den Schulen auf allen Ebenen strukturell verankert sein sollte – auf Ebene der Schülerinnen und Schüler ebenso wie auf Ebene der Aus- und Fortbildungen der Lehrkräfte. Sandra Jütte von der Medien-Initiative #UseTheNews schilderte, wie Schülerinnen und Schüler z.B. durch Workshops der unter diesem Titel vernetzten Initiativen lernten, was genau journalistische Recherche bedeute und wie sie sich von simplen Suchmaschinenanfragen unterscheide – dadurch lernten sie auch, Nachrichten und Nachrichtenquellen besser einzuschätzen und verständen besser, was Nachrichten mit ihrem eigenen Leben zu tun haben. DL-Präsident Stefan Düll wies auf die hohe Anzahl von Idealisten unter den Lehrkräften hin, die sich bereits durch ihren Unterricht und durch Gespräche für Demokratie- und Medienbildung einsetzten. Schulen bräuchten aber zusätzlich flankierendes Personal und Unterstützung durch externe Expertinnen und Experten, gerade wenn es darum ginge, auf Extremismus und erste Anzeichen davon zu reagieren.

v.l.n.r.: Prof. Dr. Katharina Scheiter, Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, Alexander König

Das zweite Panel unter der Moderation von Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, Bundesvorsitzende des DPhV, beschäftigte sich mit der Frage: „Digitalisierung: Was brauchen Schulen?“ Prof. Dr. Katharina Scheiter von der Universität Potsdam stellte den Kompetenzverbund lernen:digital vor, deren Transferstelle sie leitet. In vier Kompetenzzentren sind rund 200 Forschungs- und Entwicklungsprojekten miteinander vernetzt. In den Projekten entstehen evidenzbasierte Fort- und Weiterbildungen, Materialien und Konzepte für die Gestaltung digital gestützten Unterrichts in den jeweiligen Fächern sowie eine an der Kultur der Digitalität ausgerichteten Lehrkräftebildung. Die Transferstelle soll sicherstellen, dass die Ergebnisse von Forschungsprojekten und neue Fortbildungskonzepte zum einen die Landesinstitute für Weiterbildung erreichen – und zum anderen die einzelnen Lehrkräfte in der Fläche, so dass auch Kinder und Jugendlichen zügig im Unterricht von den neuen Konzepten profitieren. Bis 2026 stehen für das Projekt stehen 205 Millionen Euro zur Verfügung.

Mit dem Lehrer, Berater und Autor Alexander König sprach Lin-Klitzing über den Einsatz von KI im Unterricht. Er schilderte an konkreten Beispielen, wie die Verwendung von KI in einzelnen Klassen aussehen kann, welche Vorbereitung es dafür braucht und welche neuen Perspektiven eröffnet werden. Aus solchen Projekten nähmen Schülerinnen und Schüler grundlegende Kenntnisse mit, wie KI-Anwendungen und insbesondere Large Language Models funktionieren, welche Vorteile sie haben, aber auch wo die Grenzen der Anwendung liegen und mit welchen kritischen Fragen man sich die Ergebnisse anschauen sollte.

Drei Workshops standen den Teilnehmenden im Anschluss zur Auswahl. Unter den Titeln „ChatGPT und Co – fünf Ebenen des Einsatzes von generativer KI im Schulalltag“, „Kreativ mit KI: Entdecken, gestalten und reflektieren mit generativer KI“ und „Richtig prompten: Welche KI ist die richtige für mich und wie schreibe ich einen guten Prompt?“ lernten die Lehrkräfte neue Aspekte von KI kennen und anwenden, die sie in Zukunft im Unterrichtsalltag einsetzen können.

v.l.n.r.: Prof. Dr. Anne Sliwka, BvLB-Vorsitzender Pankraz Männlein, Moderatorin Corinna Sahl, Ekkehard Thümler (Gründer von „Tutoring for all“).

Nach den Workshops kamen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum abschließenden Panel erneut zusammen – es stand unter dem Titel „Schule vernetzen. Strukturen für innovative Schule schaffen“. Prof. Dr. Anne Sliwka von der Universität Heidelberg stellte in ihrer Keynote am Beispiel des kanadischen Schulsystems vor, welche Bedeutung systematische Datenerhebung und Datenauswertung für Schulen haben kann und wie die Schulen in ihrer Entwicklung und Unterrichtsgestaltung darauf reagieren. Im Gespräch mit der Moderatorin Corinna Sahl sprachen Prof. Sliwka, Pankraz Männlein (Schulleiter einer Berufsschule in Bayern und Bundesvorsitzender des BvLB) und Ekkehard Thümler (Gründer von „Tutoring for all“) über das, was Schulen in ihrem Alltag benötigen, um Innovation umzusetzen. Prof. Sliwka wies darauf hin, dass Deutschland in vielen Bereichen von einer Projektkultur geprägt sei: Es würden in einer „Ruck“-Mentalität Projekte für kürzere Zeiträume gefördert, anstatt kontinuierliche Prozesse in Gang zu setzen. Ekkehard Thümler, der mit seinem Unternehmen „Tutoring for All“ digital gestützte Leseförderung an alle Schulen und insbesondere Grundschulen bringen will, nimmt große Innovationsblockaden an den Schulen wahr und fragt, wie sich diese auflösen lassen. Pankraz Männlein brachte die Perspektive der im öffentlichen Diskurs oft übersehenen beruflichen Schulen ein, die durch die Ansprüche der Wirtschaft an ihre Auszubildenden in Sachen technischer und digitaler Innovation bereits sehr weit in ihren Prozessen sind – gleichzeitig dabei aber in der Umsetzung mit Verwaltungsvorschriften zu kämpfen haben. Dazu kämen unterschiedliche Ansprüche der jeweiligen Arbeitgeber der Azubis, die miteinander vereinbart werden müssten. Innovative Ansätze wie Auslandsaufenthalte von Azubis würden von großen Unternehmen begrüßt, kleinere Handwerksbetriebe könnten sich gegebenenfalls den Ausfall nicht leisten.  

Neben zahlreichen neuen Kenntnissen, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung „Kompetent, digital, vernetzt? Innovationen für die Schule von heute!“ in ihren Arbeitsalltag mitnehmen, lässt sich insgesamt festhalten: Die Vermittlung von Medienkompetenz und die erfolgreiche Integration digitaler Medien und innovativer Ansätze in den Schulalltag brauchen die gemeinsame Anstrengung und Kooperation aller Beteiligten – Lehrkräfte, Eltern, Bildungsexperten, Politik und andere Institutionen der Gesellschaft, von Unternehmen über Vereine bis Bildungsinitiativen.

Die nächste DL-Fachtagung ist schon in Planung: ein Kongress zum Thema  Demokratie- und Werteerziehung am 14.03.2025, von 10:00 bis 16:30 Uhr  in der Lutherstadt Wittenberg in den Räumen der Stiftung Leucorea. Sie findet statt in Kooperation mit dem Deutschen Philologenverband DPhV. Die Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt und das Ministerium für Bildung Sachsen-Anhalt sind angefragt.

Anne Schirrmacher

DL-Präsident Stefan Düll zum Bildungsbericht 2024: „Schulen brauchen die Besten – engagierte, erstklassig ausgebildete Menschen“

Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbands, äußert sich wie folgt zum aktuellen Bildungsbericht 2024: „Ich begrüße, dass der Bildungsbericht 2024 so eindringlich eine ausreichende Finanzierung des Bildungssystems fordert. Wir spüren den Mangel im Alltag an allen Ecken und Enden an den Schulen: Wir haben zahlreiche sanierungsbedürftige bis baufällige Schulen, es fehlt an Lehrkräften und teils sogar an Schulplätzen für die vorhandenen Kinder und Jugendlichen, und die Ausstattung für die Digitalisierung stockt, weil Länder und Bund sich nicht bei der Fortsetzung des Digitalpakts einigen können.

Wir müssen uns ehrlich der Frage stellen, wie ein vom Grundsatz her gut funktionierendes System die in kurzer Folge auftretenden Herausforderungen personell, materiell und ideell bewältigen will. Seit Jahren müssen zunehmend mehr Lernenden in den Schulbetrieb integriert werden, die kein Deutsch sprechen und aus Familien und Kulturen mit gänzlich anderen Bildungstraditionen kommen. Und ein Ende ist nicht absehbar. Man muss sogar befürchten, dass die Zahl an Analpha­beten von derzeit über 6 Millionen im Land steigen wird. Immer mehr junge Menschen gehen ohne Schulabschluss in unqualifizierte Tätigkeiten in der Wirtschaft. Offenbar fehlen die Anreize, einen Abschluss zu machen. Hier ist definitiv auch die Wirtschaft gefordert, zu qualifizieren. Das Startchancenprogramm mit seinen 20 Mrd. € ist eine tolle Initiative. Das Problem: Sie muss ohne jede Entlastungsstunde im Implementierungsprozess von den Schulleitungen und Lehrkräfte geschultert werden, obgleich sie von der Last der bisherigen Aufgaben schon erdrückt werden.

Im Übrigen erwartet die Politik permanent die Lösung gesamtgesellschaftlicher Probleme durch verstärkte Bildungs- und Erziehungsanstrengungen der Lehrkräfte. Der Klimawandel wird aber nicht an den Schulen aufgehalten oder verlangsamt, die Energiewende nicht an den Schulen bewirkt, die Zuwanderungsfrage dort nicht gelöst – und dass offenbar immer mehr Erwachsene Jahre nach ihrem schulischen Abschluss ihre Stimme außerhalb des demokratischen Parteienspektrums abgeben, dafür ist Schule auch nicht verantwortlich. Hier müssen ganz andere ihre Hausaufgaben machen.

Letztlich braucht es mehr Lehrkräfte und mehr flankierendes Personal in den Bereichen Verwaltung, Technikbetreuung, Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Psychologie, um das permanente Change- und Stressmanagement zu stemmen. Und als Lehrkräfte brauchen wir die Besten – engagierte, erstklassig ausgebildete Menschen, die unseren Kindern und Jugendlichen dienen wollen. Eine Verschlimmbesserung der Ausbildung durch Herabsetzung der Standards unter dem Deckmantel einer dualen Ausbildung für Lehrkräfte und den verstärkten Einsatz von Seiteneinstiegspersonen ohne angemessene pädagogisch-didaktische Schulung darf es daher nicht geben.“

Zur Ifo-Studie: Und wieder einmal steht das Gymnasium im Mittelpunkt

ein Kommentar von Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbands

Die einzige Schulart neben der Grundschule, die es in allen Bundesländern gibt, ist mal wieder das Maß aller Dinge. Die Diskutierenden im Bildungsbereich kennen sich da ja am besten aus. Nur die wenigsten unter ihnen haben kein Gymnasium durchlaufen, haben keine allgemeine Hochschulreife erworben. Und sie schicken ihre Kinder möglichst auf ein Gymnasium, ohne die Frage zu stellen, ob sie nicht lieber mit anderen zusammen eine nicht-gymnasiale Schulart besuchen sollten, um das soziale Lernen besser üben zu können und lernschwachen oder lernunwilligen oder lernunfähigen beim Lernen zu helfen.

Wieder einmal wird die Qualität von Bildung und von Bildungserfolg gemessen an Quantität. Ach nein, es geht ja nicht um die bestmögliche Qualität für jedes Kind; es geht um Chancengerechtigkeit. Bei gleichen Anlagen, Potentialen, bei gleicher Lernbereitschaft, bei gleicher Befähigung zur Teilhabe am Bildungsgeschehen und am gesellschaftlichen Leben soll es keinen Unterschied geben zwischen Kindern des unteren und Kindern des oberen Viertels der Gesellschaft. Doch die Studie belegt nicht, dass dieser Anteil gleich groß ist. Wie auch? Das häufige Fehlen von Deutschkenntnissen auf bildungssprachlichem Niveau in der „schwächsten Gruppe“ wird nicht erwähnt. Das kann auch durch längeres gemeinsames Lernen nicht ausgeglichen werden, wenn in den Grundschulklassen keine Kinder mehr mit Deutsch als Muttersprache sitzen, ein Phänomen in vielen westdeutschen Ballungsräumen. Ja, die Zahl der Kinder mit Migrationshintergrund in einem Bundesland mag nichts über Chancengerechtigkeit insgesamt aussagen, die Zahl an Kindern ohne Deutschkenntnisse in einer Grundschulklasse aber sehr wohl.

Die Studie sagt, sie vergleiche „die Wahrscheinlichkeit eines Gymnasialbesuchs für Kinder mit niedrigerem Hintergrund (weder ein Elternteil mit Abitur noch oberes Viertel der Haushaltseinkommen) mit der für Kinder mit höherem Hintergrund (mindestens ein Elternteil mit Abitur und/oder oberes Viertel der Haushaltseinkommen)“. Schon allein das lässt aufhorchen. Das obere Viertel wird also nicht am Einkommen festgelegt, das untere Viertel hingegen schon. Dass viele junge Menschen die Hochschulzugangsberechtigung auch ohne Gymnasium erwerben, wird erwähnt. Zugleich heißt es, dass von dieser Option das obere Viertel häufiger Gebrauch mache. Auch das ist nicht unerwartet. Bildungshaushalte beschäftigen sich mit den verschiedenen Bildungsgängen und nutzen sie dann auch.

Die Datengrundlage für die Studie war der Mikrozensus von 2018 und 2019 – aber nach welchen Kriterien wurden die Daten ausgewählt und zusammengestellt? Es wurde beispielsweise nicht analysiert, wie sich das obere Viertel zusammensetzt. Wie viele der Eltern gehören zur Gruppe mit Migrationsbiographie der 1. und 2. Generation? Gibt es die da nicht? Warum hat man nicht das untere und das obere Fünftel oder Sechstel genommen? Warum analysiert man die beiden Viertel hinsichtlich ihrer Zusammensetzung nicht näher, nach Einkommen, Berufszugehörigkeit, Universitätsausbildung. Und ganz spannend, wie sehen eigentlich das zweite und das dritte Viertel aus? Wie groß ist da der Anteil der Kinder mit Gymnasiumsbesuch?

Die Studie kommt unter anderem zum Ergebnis, dass längeres gemeinsames Lernen in der Grundschule mehr Chancengerechtigkeit bietet als ein Übertritt nach vier Schuljahren. Sie behauptet, das Vorhandensein von nur zwei Schularten, Gymnasium und eine sozusagen Nicht-Gymnasiumsschule wären ebenfalls förderlich für mehr Chancengerechtigkeit. Doch die Studie belegt das an keiner Stelle. Mutmaßungen werden hier als Fakten verkauft. Sie erklärt auch nicht, warum die Bundesländer Berlin und Brandenburg bei Leistungstests schlecht abschneiden und Sachsen und Bayern über alle Schularten hinweg deutlich besser. Ohne Chancengerechtigkeit ist der Bildungserfolg besser bei allen Lernenden im Vergleich zu jenen Bundesländern, die mehr Chancengerechtigkeit bieten? Was ist das für eine Gerechtigkeit, wenn am Ende etwas herauskommt, das geringere Qualität hat?

Gerecht ist es, wenn ich jungen Menschen kostenfreie Bildung gewähre. Gerecht ist, wenn ich jungen Menschen fit für die Grundschule mache. Gerecht ist, wenn ich sie entsprechend ihren Anlagen fördere und fordere. Gerecht ist, wenn ich genügend Personal zur Verfügung stelle, wenn eine Klasse besonderen Förderbedarf hat. Gerecht ist, wenn der Elternwille frei entscheidet, das Kind nicht auf das Gymnasium zu schicken, obgleich das im Übertrittszeugnis steht. Für 50 % aller Kinder in der Jahrgangsstufe 5 einer bayerischen Realschule ist das so; und bei jenen in der Jahrgangsstufe 9 der Realschule ist das immer noch so – sie wechseln also nicht auf das Gymnasium –, obgleich in jedem Jahreszeugnis die Eignung für das Gymnasium weiter vermerkt ist.

Die erneute Schulstrukturdebatte ist von Gestern, wenn nicht von Vorgestern. Bayerns Mittelschul- und Realschul-Abschlussjahrgänge zeigen tolle Ergebnis und sind gesucht auf dem Arbeitsmarkt. Viele schlagen den Weg über das berufliche Schulwesen zum Abitur ein. Nicht nur in Bayern, in allen Bundesländern leistet das berufliche Schulwesen hervorragende Arbeit. In anderen Ländern kann man ein solche qualitätsvolle Ausbildung nur an einer Universität bekommen, wenn man sie überhaupt bekommen kann. Gymnasiale Bildung ist nicht das Maß aller Dinge. Zumal die Autoren der Studie offenbar glauben, dass der Nürnberger Trichter funktioniert. Eigentlich müssten sie fordern, Kinder nach der Geburt den Eltern zu nehmen und in staatlichen Einrichtungen zu bilden und zu erziehen. Dann hätten alle die gleichen Voraussetzungen abgesehen vom genetischen Anteil an ihrer Lernbefähigung und ihres Lernwillens. Dabei leuchtet doch jedem ein, dass Kinder von gebildeten Eltern ohne großes Zutun z.B. in Gesprächen im Alltag etwas für den Schulerfolg lernen, was jene von formal wenig gebildeten Menschen in ihrer Kindheit nicht lernen. Möglicherweise fehlen ihnen dadurch die Voraussetzungen zum Besuch eines Gymnasiums. Aber das deutsche Schulsystem ermöglicht über das mehrgliedrige Schulsystem einerseits sowohl andere Wege zu Abitur und Studium als anderseits auch den Zugang zu angesehenen und gut bezahlten Berufen im Bereich der beruflichen Bildung.

 

Jetzt anmelden! Gemeinsame Tagung Konrad-Adenauer-Stiftung – Deutscher Lehrerverband

Anmeldung unter https://www.adenauercampus.de/de/digitale-bildung/detail/-/content/360gradbildung

360° Bildung: Fachtag und Konferenz

12. Juni 2023, 14:00–18:00 Uhr

Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung, Tiergartenstraße 35, 10785 Berlin

Themen der Panels:

  • Medienkompetenz für Demokratieerziehung
  • Wieviel Digitalität braucht die Schule?
  • Schule vernetzen – Strukturen für innovative Schule schaffen

u.a. mit

  • Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbands
  • Katharina Günther-Wünsch, Senatorin für Bildung, Jugend und Familie des Landes Berlin
  • Sandra Jütte, Initiative #UseTheNews
  • Alexander König, Lehrkraft, Autor, Lehrbeauftragter, Berater und Fortbildner
  • Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, Deutscher Philologenverband
  • Prof. Dr. Katharina Scheiter, wissenschaftliche Leiterin des Kompetenzverbund lernen:digital Universität Potsdam
  • Prof. Dr. Anne Sliwka, Universität Heidelberg
  • Ekkehard Thümler, Gründer und Geschäftsführer von Tutoring for All
  • Weitere Fortbildungs-Workshops

Vollständiges Programm: Programm Fachtagung 12.06.2024

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Deutscher Lehrerverband zu gendersensibler Sprache

Der Deutsche Lehrerverband fordert die Verwendung einer respektvollen Sprache, die gleichzeitig gendersensibel ist. Dazu gehören Formulierungen wie „Lehrkräfte“, „Kinder und Jugendliche“, „Heranwachsende“, „Schülerinnen und Schüler“, „Mitglieder der Schulleitung“ und „Sekretariatsteam“. Wir verwenden keine Gendersternchen, Gendergaps oder Binnen-I. Dies ist eine Frage der korrekten Orthografie und Grammatik. Außerdem basiert die vermeintliche Notwendigkeit solcher Sonderzeichen auf einer binären Sichtweise der Menschen, auch in Fällen, in denen das Geschlecht keine Rolle spielt.

Als Lehrkräfte orientieren wir uns dabei am Beschluss des Rates für deutsche Rechtschreibung. Dieser ist die maßgebende Instanz in Fragen der deutschen Rechtschreibung und gibt das amtliche Regelwerk für die deutsche Rechtschreibung heraus.

Die Festlegung der Bayerischen Staatsregierung basiert ebenfalls auf den Empfehlungen des Rates für deutsche Rechtschreibung und gilt für den gesamten dienstlichen Schriftverkehr, einschließlich Elternbriefe, Arbeitsblätter und Angaben für Leistungsnachweise. Sie gilt jedoch nicht für die Lernenden, die jedoch dazu angehalten werden, eine korrekte und stilistisch gewandte Ausdrucksweise zu verwenden. Jugendliche können sich also anders ausdrücken, aber Verstöße gegen die Sprachrichtigkeit und stilistische Grundsätze werden bemängelt.

Für den gesamten amtlichen Sprachgebrauch gilt weiterhin, dass deutlich gemacht werden soll, dass alle Menschen gemeint sind und nicht nur bestimmte Gruppen. Missverständliche Formulierungen sollten daher vermieden werden. Es geht um respektvolle Formulierungen, die gleichzeitig gendersensibel sind, ohne dies explizit zu kennzeichnen. Das Gendersternchen kann schließlich auch als ausgrenzend verstanden werden.

Der Beschluss des Rates für deutsche Rechtschreibung zu geschlechtergerechter Sprache vom Dezember 2023 kann unter diesem Link nachgelesen werden.