Für einen Nationalen Bildungsgipfel: Breiter Appell an Bundeskanzler und Länderchef:innen



Leistungsdefizite, Chancenungleichheit, Pädagog:innenmangel: Die massiven Pro-bleme im deutschen Bildungssystem verletzen die Rechte jedes einzelnen Kindes und Jugendlichen auf bestmögliche Bildung und haben Folgeschäden für die gesamte Gesellschaft. Deshalb erfordern sie politisches Handeln in gesamtstaatlicher Verantwortung. Ein breiter Kreis aus Stiftungen, Verbänden und Gewerkschaften appelliert an den Bundeskanzler und die Regierungschef:innen der Länder, mit einem Nationalen Bildungsgipfel einen grundlegenden Reformprozess im Bildungswesen einzuleiten.

Die Lösung der massiven Probleme im deutschen Bildungssystem duldet keinen weiteren Aufschub. Aus dieser Überzeugung heraus richtet ein breiter Kreis aus Stiftungen, Verbänden und Gewerkschaften einen gemeinsamen Appell an alle Verantwortlichen in der Politik. Anlass ist der heutige Bildungsgipfel am Rand der Bildungsforschungstagung des Bundesbildungsministeriums, der mit Blick auf Format, Vorbereitung, Agenda und Teilnehmende der Dimension der Herausforderung nach Ansicht der Unterstützer:innen des Appells nicht gerecht wird. „Es ist höchste Zeit, dass Bundeskanzler Olaf Scholz und die Regierungschef:innen der Bundesländer einen echten Nationalen Bildungsgipfel einberufen. Dieser Gipfel sollte alle relevanten Akteur:innen in der Bildung an einen Tisch bringen und den Auftakt zu einem grundlegenden, gesamtgesellschaftlichen Reformprozess markieren, um einen Neustart in der Bildung einzuleiten“, appellieren die Unterstützer:innen.


Die Alarmsignale sind längst unverkennbar und zeigen sich bereits in der frühen Bildungsphase: Bundesweit fehlen Hunderttausende Kita-Plätze, zudem können viele Kitas aufgrund einer nicht kindgerechten Personalausstattung ihren Bildungsauftrag nicht mehr erfüllen. An den Grundschulen wiederum gehen die Leistungen seit Jahren zurück, vor allem in den Ba-siskompetenzen Lesen, Schreiben, Zuhören und Rechnen. Auch an den weiterführenden Schulen sinkt das Leistungsniveau auf allen Ebenen dramatisch. Der Anteil der Jugendlichen ohne Schulabschluss bleibt hoch. Zugleich wächst die Zahl junger Menschen, die im Berufs-leben den Anschluss verlieren: Mehr als eine halbe Million junge Erwachsene zwischen 20 und 34 Jahren gehen weder einer Arbeit noch einer schulischen oder beruflichen Ausbildung nach. Neben individuellen Risiken erwachsen daraus auch soziale und wirtschaftliche Belastungen für die Gesellschaft. Ein Kernproblem deutscher Bildungspolitik bleibt über alle Bildungsstufen hinweg ungelöst: Bildungserfolge hängen hierzulande noch immer zu stark von der sozialen Herkunft ab. Auf diese Weise werden die Chancen und Rechte von Kindern und Jugendlichen beschnitten und Begabungen vergeudet.


Strukturelle Probleme angehen: Fachkräftemangel, Finanzierung, Steuerung

Obwohl sich alle Beteiligten viel Mühe geben: Dem Bildungssystem gelingt es immer weni-ger, die Fehlentwicklungen zu korrigieren. Das liegt zum einen am massiven Mangel an Leh-rer:innen und pädagogischen Fachkräften, der sich in den kommenden Jahren noch zu ver-schärfen droht. Darunter leiden nicht nur die Verfügbarkeit und Qualität der Bildungsange-bote an Schulen und Kitas, sondern auch das vorhandene Personal. Die steigende Arbeits-belastung, insbesondere durch nicht-pädagogische Aufgaben, mindert die Attraktivität der
Berufsbilder und schreckt künftige Nachwuchskräfte ab. Die Engpässe haben auch Folgen für die Wirtschaft: Fehlende Plätze in Kitas und der Ganztagsförderung von Grundschüler:in-nen erschweren die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, während häufiger Unterrichtsausfall die Vermittlung grundlegender Kompetenzen für die Fachkräfte von morgen behindert.
Ein weiteres Problem stellt die Finanzierung des Bildungssystems dar. Sie ist häufig weder auskömmlich noch sozial gerecht. Gerade im Bereich der außerschulischen Angebote ist das Geld zu knapp und nicht langfristig zugesichert. Zudem werden Gelder noch immer zu oft nach dem Gießkannenprinzip verteilt, anstatt sie gezielt dort einzusetzen, wo sie am meisten bewirken können.


Schließlich behindert die Struktur des Bildungssystems selbst Anpassungen und Reformen. Die unsystematische Verflechtung der politischen Ebenen erfordert komplexe Abstimmun-gen, sowohl zwischen Bund, Ländern, Kommunen und den jeweils beteiligten Ressorts, als auch mit den Trägern. Wohin das führt, zeigen zum Beispiel die zähe Umsetzung des Digital-pakts, der schleppende Ausbau des Ganztagsangebots für Grundschulkinder, die stagnie-rende Inklusion oder das Fehlen bundesweiter Qualitätsstandards in vielen Bereichen. Ge-fragt ist eine neue Kultur der Bildungszusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kom-munen, wie sie der Koalitionsvertrag in Aussicht gestellt hat.


Es braucht eine Initialzündung auf den höchsten politischen Ebenen

Allerdings lässt es die Dringlichkeit der Probleme nicht zu, auf eine Neuordnung der kommu-nalen und föderalen Zuständigkeiten zu warten. Die Missstände im Bildungswesen reichen weit über Kitas und Schulen hinaus. Sie gefährden sowohl die Chancen und Rechte jedes einzelnen jungen Menschen als auch die Zukunft unserer Wirtschaft, Gesellschaft und De-mokratie. Bildung soll den jungen Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung helfen und Orientierung bieten. Sie soll es ihnen ermöglichen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, an der Gesellschaft teilzuhaben und diese mitzugestalten. Sie soll ihnen die Kompetenzen ver-mitteln, um in der immer komplexeren Arbeitswelt ihren Platz zu finden. Bildung ist die Grundlage für wirtschaftlichen Wohlstand, Innovationskraft und die Zukunftsfähigkeit unserer demokratischen Gesellschaft. Daher ist es erforderlich, jetzt die Weichen für ein leistungsfä-higeres, begabungs- und chancengerechteres Bildungssystem zu stellen.


Um den dringend benötigten Reformprozess herbeizuführen, braucht es eine Initialzündung auf den höchsten politischen Ebenen. Ein Nationaler Bildungsgipfel wäre das starke Signal, die Bildung endlich zur gemeinsamen Chef:innensache zu erklären. Der Bundeskanzler und die Regierungschef:innen der Länder haben das nötige Gewicht, um gemeinsam mit den Bil-dungs-, Wissenschafts- und Jugendminister:innen von Bund und Ländern, Vertreter:innen aus der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik, aus Wirtschaft, Wissenschaft, Bildungspra-xis, Zivilgesellschaft sowie von Eltern und Schüler:innen zusammenzubringen. Der Nationale Bildungsgipfel sollte den Auftakt zu einem kontinuierlichen Dialog- und Reformprozess mit gemeinsamen Arbeitsstrukturen markieren. Dabei müssen sich alle relevanten Akteur:innen auf gemeinsame Ziele sowie geeignete Maßnahmen verbindlich einigen und darauf hinwir-ken, diese in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung pragmatisch, lösungsorientiert und ent-schlossen umzusetzen. Denn nur mit vereinten Kräften kann der Neustart in der Bildung als elementare Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands gelingen.


Den Appell unterstützen:
Alfred Toepfer Stiftung F.V.S.
Allgemeiner Schulleitungsverband Deutschlands (ASD)
Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V.
Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe – AGJ
Bertelsmann Stiftung
BöfAE e.V. (Bundesarbeitsgemeinschaft öffentlicher und freier Ausbildungsstätten für Erziehe-rinnen und Erzieher)
Bund der Freien Waldorfschulen e.V.
Bundeselternnetzwerk der Migrantenorganisationen für Bildung & Teilhabe (bbt)
Bundeselternrat
Bundesverband der Kita- und Schulfördervereine e.V.
Bundesverband der Lehrkräfte für Berufsbildung e.V. (BvLB)
Der Kinderschutzbund Bundesverband e.V.
Deutsche Kinder- und Jugendstiftung
Deutsche Liga für das Kind e.V.
Deutsche Telekom Stiftung
Deutscher Caritasverband
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)
Deutscher Lehrerverband
Deutsches Kinderhilfswerk e.V.
Deutsches Komitee für UNICEF e.V.
Diakonie Deutschland
Dieter Schwarz Stiftung
Dieter von Holtzbrinck Stiftung GmbH
Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule – Verband für Schulen des gemeinsamen Lernens e.V. (GGG)
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)
Grundschulverband e.V.
Heraeus Bildungsstiftung
Karg-Stiftung
Kita-Fachkräfte-Verband Hessen e.V.
Kita-Fachkräfteverband Niedersachsen-Bremen e.V.
komba gewerkschaft
Körber-Stiftung
Landesverband Sozialpädagogischer Fachkräfte Berlin e.V.
National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention e.V.
Reinhard Mohn Stiftung
Robert Bosch Stiftung
Schöpflin Stiftung
SOS-Kinderdorf e.V.
Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.
Stiftung Bildung
Stiftung Haus der kleinen Forscher
Unternehmerstiftung für Chancengerechtigkeit
Verband Deutscher Privatschulverbände e.V. – Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft
Verband für Kitafachkräfte NRW e.V.
Verband Kita-Fachkräfte Baden-Württemberg
Verband Kita-Fachkräfte Bayern e.V.
Verband KiTa-Fachkräfte Rheinland-Pfalz
Verband Kitafachkräfte Saar
Verband Sonderpädagogik e.V.
Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft – ver.di
Vodafone Stiftung Deutschland
Wübben Stiftung
ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius
Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland

Veröffentlicht unter Presse

Lehrkräftemangel darf nicht zu weiteren Verschlechterungen bei den Arbeitsbedingungen von Lehrkräften führen!

Meidinger erteilt einigen SWK-Vorschlägen eine klare Absage

Vor Maßnahmen gegen den Lehrkräftemangel auf dem Rücken der sowieso überlasteten Lehrerkollegien hat der DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger die Landesregierungen gewarnt. Mit Blick auf die heutigen Vorschläge der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz erklärte er: „Tatsache ist, dass die Politik durch massiven Abbau von Lehramtsstudienplätzen und Ignorierung des Geburtenanstiegs den heute dramatischen Lehrkräftemangel mitverschuldet hat. Ihn zu bekämpfen, indem die Arbeitsbelastung weiter erhöht wird, wäre absolut kontraproduktiv, weil dies erheblich mehr Kolleginnen und Kollegen in die krankheitsbedingte Frühpensionierung treiben und das Berufsbild langfristig noch unattraktiver machen würde.“

Der Verbandsvorsitzende erkannte zwar an, dass einige der SWK-Vorschläge durchaus diskutabel seien, dies gelte aber nicht für die zwangsweise Anhebung von Teilzeiten und die Einschränkung der Altersermäßigungen. Auch die Anhebung von Klassenfrequenzen sei aus pädagogischer Sicht kein gangbarer Weg. Auch der empfohlene Einsatz von Fern- und Hybridunterricht, um Lehrkräfte einzusparen, bringe gerade mit Blick auf die Schularten wie Grund- und Förderschulen nichts, wo der größte Lehrkräftemangel herrsche.

Meidinger forderte die Landesregierungen und die KMK auf, sich bei den zu ergreifenden Maßnahmen nicht hinter den Vorschlägen der SWK zu verstecken, sondern in einen zwar streitigen, aber konstruktiven Dialog auf Augenhöhe mit Lehrer- , Eltern- und Schülerverbänden zu begeben.

Den Vorwurf, Lehrerverbände würden immer nur kritisieren, aber keine eigenen konstruktiven Vorschläge machen, wies der DL-Präsident zurück: „Über die verstärkte Anwerbung und hochwertige Nachqualifizierung von Quereinsteigern kann man mit uns reden. Warum gibt es außerdem in vielen Ländern keine Möglichkeit für Lehrkräfte im Ruhestandsalter, die das wollen, noch freiwillig das eine oder andere Jahr dranzuhängen? Viel wäre auch gewonnen, wenn durch besseren Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz weniger Lehrkräfte ausfallen würden. Grundsätzlich aber gilt: Wenn man vor Jahren unseren Warnungen vor einem dramatischen Lehrkräftemangel Gehör geschenkt hätte, gäbe es die jetzige katastrophale Situation nicht.“

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Für Stellungnahmen erreichen Sie DL-Präsident Heinz-Peter Meidinger unter 0160 – 52 75 608.

Für den Inhalt verantwortlich: Geschäftsstelle Deutscher Lehrerverband – Anne Schirrmacher

Deutscher Lehrerverband begrüßt neues StäWiKo-Gutachten zur Stärkung basaler Kompetenzen an Grundschulen ohne Wenn und Aber!

Meidinger: Das dürfen keine Empfehlungen bleiben, die Vorschläge müssen Teil einer sofort umzusetzenden großen Bildungsoffensive werden!

Als absolut sinnvolle, dringend notwendige und eigentlich überfällige bildungspolitische Reformmaßnahmen hat der Präsident des Deutschen Lehrerverbands (DL), Heinz-Peter Meidinger, die heute vorgelegten Empfehlungen der Ständigen Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz zur Stärkung bzw. Verbesserung der zivilisatorischen Basiskompetenzen von Grundschülern bezeichnet. Er betonte: „Die Vorschläge der StäWiKo zur Verbesserung der Grundfähigkeiten beim Lesen, Schreiben und Rechnen sind die alternativlose Konsequenz aus dem seit über 10 Jahren beobachtbaren Leistungsabsturz deutscher Schülerinnen und Schüler, wie er zuletzt in erschreckender Weise bei der aktuellen IQB-Studie offenkundig wurde. Wir hoffen, dass dieses Gutachten zur Grundlage einer umfassenden bildungspolitischen Reform und eines konkreten Handlungsrahmens wird, vergleichbar dem Maßnahmenpaket und den Handlungsfeldern, wie sie vor 20 Jahren die KMK nach dem PISA-Schock beschlossen hat!“

Besonders begrüßte der Verbandsvorsitzende, dass die StäWiKo es nicht bei bloßen unverbindlichen Empfehlungen belassen habe, sondern auch konkrete Vorgaben zum Stundenumfang des Deutsch- und Mathematikunterrichts an Grundschulen in den Bundesländern formulierte. „Da werden sich einige Länder stark bewegen müssen!“, erklärte Meidinger und verwies darauf, dass der Stundentafelumfang zwischen den Bundesländern erheblich differiert. Es stelle sich auch die Frage, ob die Ausweitung des Frühfremdsprachenlernens und die Verwendung von Unterrichtszeit an Grundschulen auf Programmiertools nicht mitunter kontraproduktiv gewesen sei und die Konzentration auf die basalen Kompetenzen verhindert bzw. eingeschränkt habe.

Für besonders wichtig hält der DL die Empfehlung der StäWiKo, eine umfassende Frühdiagnostik einzuführen und Kinder mit Sprachdefiziten bereits vorschulisch spezifisch zu fördern, und zwar über eine alltagsintegrierte Förderung hinaus. „Das ist der eigentliche Schlüssel: nicht nur für bessere Lernleistungen und größeren schulischen Erfolg, sondern letztendlich auch für eine gelingende Integration insgesamt“, ergänzte der DL-Präsident.

In diesem Zusammenhang lobte Meidinger auch die Forderung nach einer aktiven Strategie gegen die zunehmende Segregation im Bildungswesen, also die Konzentration von Kindern aus sozial benachteiligten Familien bzw. von Kindern mit Migrationshintergrund an bestimmten Schulen, was sich nachweislich auf den Lernerfolg der dort beschulten Kinder auswirke. „Es ist gut, dass die StäWiKo dieses Problem aus der Tabuzone holt!“, sagte der Verbandsvorsitzende und betonte abschließend: „Wir haben keinen Erkenntnismangel, wir haben ein Handlungsdefizit. Liebe KMK, wir wollen jetzt Taten sehen!“

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Deutscher Lehrerverband unterstützt Prien-Vorstoß für eine verpflichtende Sprach-Frühförderung

Meidinger: Angesichts der desaströsen Ergebnisse der IQB-Grundschulstudie braucht es eine neue gemeinsame Kraftanstrengung in der Bildungspolitik!

Als absolut gerechtfertigt und notwendig sowie letztlich alternativlos hat der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, den Vorschlag der KMK-Präsidentin Karin Prien für ein umfassendes Sprach-Frühförderungskonzept bezeichnet. Demnach sollten bei allen Vierjährigen Sprachstandserhebungen durchgeführt werden und bei festgestellten großen Defiziten das letzte Kitajahr mit integrierter Sprachförderung verpflichtend sein.

Der Verbandsvorsitzende erklärte dazu: „Die aktuelle IQB-Grundschulstudie hat nicht nur einen massiven Leistungsabfall festgestellt, wonach bis zu 30 Prozent unserer Viertklässler nicht einmal die Mindeststandards erreichen, also kaum Lesen, Schreiben und Rechnen können, sondern auch dokumentiert, dass vor allem Kinder mit Migrationshintergrund noch weiter abgehängt wurden. Aus vielen wissenschaftlichen Studien wissen wir, dass zu Beginn der Schulzeit bestehende Sprachdefizite die Lernentwicklung und den weiteren Bildungsweg dauerhaft belasten und beeinträchtigen. Deshalb ist es absolut richtig, mehr dafür zu tun, dass alle Kinder beim Eintritt in die Schule über so viel Sprachkompetenz verfügen, dass sie dem Unterricht folgen und die Bildungsstandards erreichen können.“

Den Kritikern dieses Vorschlags hielt Meidinger vor, dass sie keinen überzeugenden Alternativvorschlag hätten, wie man den in der IQB-Studie erkennbaren signifikanten, bereits weit vor Corona einsetzenden Leistungsabfall stoppen könne. Überdies zeige das gute Abschneiden Hamburgs, das als einziges Bundesland über so ein umfassendes verpflichtendes Sprach-Frühförderprogramm verfüge, die Wirksamkeit dieses Konzepts.

Er fügte an: „Natürlich wird die Umsetzung nicht zuletzt aufgrund der schwierigen Personallage nicht von heute auf morgen erfolgen können. Der DL hofft aber, dass die verantwortlichen Bildungspolitiker in den Ländern den Weckruf gehört haben und zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung bereit und fähig sind. Letztendlich geht es auch um die Frage, ob unser bisheriges schulisches Integrationskonzept ausreichend ist oder scheitert, mit allen negativen gesellschaftlichen Folgen in der Zukunft.“

Als weiteren Baustein dieser notwendigen Bildungsoffensive nannte der DL-Präsident eine schrittweise Anhebung der Stundenzahl von Deutsch und Mathematik in der Primarstufe, orientiert an der Stundentafel der Bundesländer Hamburg und Bayern.

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Meidinger: IQB-Studie – Beleg für einen ungebremsten dramatischen Bildungsabsturz

Als Beleg und nicht nur als Warnzeichen für einen sich immer weiter beschleunigenden signifikanten Abschwung von Bildungsqualität und für immer geringere Lernerfolge hat der Präsident des DL, Heinz-Peter Meidinger, den heute veröffentlichten ausführlichen Ergebnisbericht des IQB-Bildungstrend 2021 bei Grundschülern bezeichnet.

Der Verbandsvorsitzend betonte: „Die Bildungspolitik bekommt heute attestiert, dass fast alle Qualitätssteigerungen nach dem PISA-Schock 2000 wieder verloren gegangen sind und ein Ende der Abwärtsbewegung und des Leistungseinbruchs überhaupt noch nicht abzusehen ist. Es ist jetzt höchste Zeit, die Phase der Schönfärberei zu beenden und eine schonungslose Bestandsaufnahme zu machen, als Voraussetzung für effektive Gegensteuerungsmaßnahmen.“

Meidinger warnte davor, den Leistungsabfall vorrangig auf Corona zu schieben: „Das greift viel zu kurz, wir bekommen heute die Quittung für eine jahrelange verfehlte Schulpolitik in vielen Ländern, die sich in Nebenkriegsschauplätzen und einer Vielzahl von Modellversuchen und Sonderprogrammen verzettelt hat, anstatt den Schwerpunkt des Unterrichts an der Grundschule auf den umfassenden Erwerb der zivilisatorischen Grundkompetenzen Lesen, Rechnen und Schreiben zu legen. Es gilt auch zu überprüfen, ob der auf Kosten von Deutsch eingeführte Frühfremdsprachenunterricht und das in letzter Zeit forcierte Programmieren an Grundschulen nicht kontraproduktiv waren.“

Zu scheitern drohe – wie der Verbandsvorsitzende ausführte – aber auch die schulische Integrationspolitik, wie das weitere Auseinanderklaffen der Lernleistungen von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund zeige.

Angesichts der sich weiter verschlechternden Rahmenbedingungen an den Schulen durch den wachsenden Lehrkräftemangel und den massiven Zustrom von Flüchtlingskindern aus der Ukraine, ohne dass dafür zusätzliche Personalressourcen bereitgestellt werden können, sei ein weiterer Absturz in den Folgestudien eine reale Bedrohung. Bei den Leistungs–verschlechterungen handele es sich nicht nur um statistische Auffälligkeiten, sondern um eine Gefahr für die Bildungs- und Zukunftschancen zahlreicher Kinder und Jugendlicher.

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Deutscher Lehrerverband: Ständiger Rückgang der Zahl von Lehramtsabsolventen ist ein unübersehbares Alarmzeichen!

Anlässlich des morgigen Welttags der Lehrerinnen und Lehrer hat sich der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, sehr besorgt über die mangelnde Attraktivität des Lehrerberufs bei Studienanfängern geäußert.

So sei die Zahl der Lehramtsabsolventinnen und -absolventen in den letzten 10 Jahren um ein Sechstel zurückgegangen. Der Verbandsvorsitzende betonte: „Es ist ein unübersehbares Alarmzeichen, dass es trotz des offensichtlichen Lehrkräftemangels kaum gelingt, mehr junge Menschen für den gesellschaftlich so wichtigen Beruf einer Lehrkraft zu interessieren und zu gewinnen.“

Gleichzeitig warnte Meidinger die Politik vor scheinbar einfachen Lösungsversuchen wie etwa der Vereinheitlichung der Lehramtsausbildung, um Lehrkräfte flexibler einsetzen zu können, oder der Rekrutierung von Quereinsteigern, ohne diese umfassend nachzu­qualifizieren: „Beide Maßnahmen versuchen den Lehrkräftemangel auf Kosten der Qualität zu beheben und gehen daher mittel- und langfristig auf Kosten der Bildungsqualität und der Zukunftschancen unserer Kinder und Jugendlichen! Wer mehr junge Menschen für den Lehramtsberuf gewinnen will, muss die schulischen Rahmenbedingungen nachhaltig verbessern. Derzeit passiert das Gegenteil: Noch nie erreichten den DL mehr Klagen über Missstände und fehlende Ressourcen an Schulen wie derzeit.“

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Deutscher Lehrerverband fordert Nachbesserung beim Bundesinfektionsschutzgesetz-Entwurf:

Auch Grundschulen im Notfall durch Maskenpflicht vor Schulschließungen schützen!

Im Hinblick auf die Beratungen der Neufassung des Bundesinfektionsschutzgesetzes im Bundestag hat der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, dringend Nachbesserungen angemahnt.

Er betonte: „Wir hoffen zwar alle auf weitestgehende Normalität im nächsten Schuljahr möglichst ohne Einschränkungen. Das darf uns aber nicht davon abhalten, im Falle einer erneuten heftigen Coronawelle alles zu tun, um Schulschließungen durch zu hohe Personalausfälle zu verhindern.

An den weiterführenden Schulen sieht der Bundesinfektionsschutzgesetz-Entwurf deshalb bei heftigem Infektionsgeschehen die Möglichkeit vor, durch Anordnung einer Maskenpflicht Infektionen im Schulbereich zu erschweren und dadurch den Präsenzunterricht zu sichern. Für die Grundschulen ist dies bislang aus unerfindlichen Gründen nicht vorgesehen, obwohl gerade für die Jüngeren die Sicherung des Präsenzunterrichts besonders wichtig ist. Im Vergleich zu Schulschließungen, wie wir sie übrigens auch jetzt nach Schulstart schon wieder vereinzelt leider erleben mussten, ist eine präventive Maskenpflicht das eindeutig geringere Übel. Deshalb fordern wir diesbezüglich dringend eine Nachbesserung des Gesetzentwurfs! „

Darüber hinaus forderte der Verbandsvorsitzende eine möglichst einheitliche Verfahrensweise der Länder bei der Anwendung der gesetzlichen Möglichkeiten. Es müsse nachvollziehbar mit klaren Kriterien definiert werden, wann eine Gefährdung des Präsenzunterrichts vorliegt.

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Sachverständigenbericht zu Coronamaßnahmen rechtfertigt nicht Verzicht auf künftige Coronaschutzmaßnahmen

Kaum neue Erkenntnisse hat nach Ansicht des Präsidenten des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, der heutige Bericht des Sachverständigenausschusses der Bundesregierung zur Evaluation der bisherigen Coronamaßnahmen erbracht.

Der Verbandsvorsitzende betonte: „Es rächt sich jetzt, dass man in den letzten zwei Jahren zu lange auf die systematische Erhebung von Daten im Umfeld von Coronamaßnahmen verzichtet hat. Allerdings lässt sich aus dem Bericht keinesfalls der Auftrag an die Politik ableiten, auf Coronaschutzmaßnahmen bei einer neuerlichen heftigen Infektionswelle im Herbst weitgehend zu verzichten.“

Meidinger erinnerte daran, dass im aktuellen Bericht die Wirksamkeit einer Maskenpflicht in Innenräumen bei hohen Infektionszahlen ausdrücklich hervorgehoben wird und auch die Sinnhaftigkeit einer Testung von Geimpften und Ungeimpften nicht bestritten wird.

Deshalb erneuerte der DL-Präsident seine Aufforderung an den Bundesgesetzgeber, das Bundesinfektionsschutzgesetz rechtzeitig vor dem Herbst so nachzubessern, dass im Bedarfsfall, also bei einer heftigen neuen Coronawelle, eine flächendeckende Maskenpflicht im Klassenzimmer wieder möglich werde. Er betonte: „Wir hoffen, dass wir ohne Maskenpflicht ins neue Schuljahr starten können, wir wollen aber im Notfall auf diese wirksame Gesundheitsschutzmaßnahmen auch nicht verzichten müssen, weil der Bund seine Hausaufgaben nicht gemacht hat!“

Lobend äußerte sich Meidinger über die Bundesländer, die jetzt kurz vor den Ferien allen Schülerinnen und Schülern kostenlose Tests zur Verfügung stellten, damit sich diese kurz vor Schulbeginn im Herbst selbst testen zu können.

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Deutscher Lehrerverband zum IQB-Bildungstrend 2021:

Bildungspolitik verfehlt ihre selbst gesteckten Ziele haushoch!

Mit großer Besorgnis hat der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, auf die heute bekannt gewordenen Ergebnisse des IQB-Bildungstrend 2021 reagiert. Der IQB-Bildungstrend nimmt alle 5 Jahre eine Bestandsaufnahme vor, inwieweit Viertklässler in Deutschland in den Fächern Deutsch und Mathematik die Mindest- und Regelstandards der von der Kultusministerkonferenz vereinbarten Bildungsstandards erreichen.

Meidinger erklärte: „Unsere Befürchtung, dass sich der bereits vor fünf Jahren teilweise erkennbare Negativtrend massiv verstärken könnte, hat sich leider vollumfänglich bewahrheitet. Dass sowohl in Deutsch als auch in Mathematik gegenüber 2016 massive Kompetenzrückgänge zu verzeichnen sind, die teilweise den Umfang eines halben Schuljahres erreichen, stellt der Bildungspolitik in Deutschland ein miserables Zeugnis aus. Wenn, wie festgestellt, in den beiden zentralen Grundschulfächern Deutsch und Mathematik nur jeweils die Hälfte der Kinder die Regelstandards erreicht und ein Fünftel sogar die Mindeststandards verfehlt, kommt man nicht um die Feststellung herum, dass die Bildungspolitik ihre in den Bildungsstandards selbst formulierten Ziele in zunehmendem Maße haushoch verfehlt.“

Nach Ansicht des DL zeigen sich in diesem signifikanten Negativtrend nicht nur die Folgen der Pandemie, sondern auch die Auswirkungen des von der Politik mitverschuldeten massiven Lehrkräftemangels sowie der mangelnden Nachqualifizierung von Seiten- und Quereinsteigerinnen und -steigern.

Besondere Aufmerksamkeit muss in den Augen des Verbandschefs den sich verstärkenden sozialen Disparitäten gewidmet werden. Offensichtlich hapert es nach wie vor stark an der schulischen Integration der Kinder aus der ersten Zuwanderungsgeneration, aber auch die Pandemie habe diese Ungleichheiten verstärkt.

Meidinger betonte: „Mit kurzfristigen temporären Programmen wird man diesen Negativtrend nicht umkehren können. Was es jetzt braucht, ist eine Verstärkung der vorschulischen Sprachförderung, eine Bekämpfung des Lehrkräftemangels durch eine Nachqualifizierungsoffensive von Seiten- und Quereinsteigern sowie eine umfassende Verbesserung der Arbeits- und Rahmenbedingungen für Unterrichtende und mehr Verbindlichkeit bei den Coronanachholprogrammen. Und das Wichtigste: Die Politik muss endlich aufhören, die Lage an den Schulen schönzureden und sich an Bestnotenschnitten in Abitur- und MSA-Prüfungen zu berauschen.“

Meidinger forderte abschließend eine neue gemeinsame Bildungsoffensive von Bund und Ländern: „Die Bildung darf in den künftigen Haushalten im Kampf um Einsparungen und die Erhöhung von Verteidigungs- und Sozialausgaben nicht der große Verlierer sein!“

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Forderungen des DL für einen sicheren Schulstart im Herbst 2022

Der DL richtet den dringenden Appell an die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker von Bund und Ländern, alles zu tun, damit die Schulen im Herbst 22 bestens auf eine erwartete neuerliche Coronawelle vorbereitet sein werden.

Dazu ist insbesondere notwendig:

  1. Das Bundesinfektionsschutzgesetz sollte so geändert werden, dass im Bedarfsfall an Schulen sowohl regional als auch flächendeckend wieder besondere Gesundheitsschutzmaßnahmen wie die erweiterte Maskenpflicht angeordnet werden können.
  2. In jedem Land sind rechtzeitig die notwendigen Rechtsverordnungen zu konzipieren und zu erlassen, die zur Vorbereitung auf eine neue Pandemiewelle notwendig sind.
  3. Es muss dafür gesorgt werden, dass Schulen ausreichend mit Testkapazitäten und Hygieneschutzmitteln ausgestattet sind.
  4. Im Vorfeld des nächsten Schuljahres müssen alle Anstrengungen unternommen werden, damit möglicher neuerlicher Fernunterricht problemlos laufen kann. Insbesondere sollte die Versorgung der Schulen mit schnellem Internet vorangetrieben, der professionelle IT-Support der Schulen massiv ausgebaut, der für Distanzunterricht und die Nutzung von Lernplattformen erforderliche Datenschutz sichergestellt und Kapazitäten für die entsprechenden Fortbildungen geschaffen werden.
  5. Bund und Länder müssen dafür Sorge tragen, dass im Falle der Entwicklung eines an aktuelle Virusvarianten angepassten Impfstoffes Lehrkräfte zu den Gruppen gezählt werden, die damit vorrangig geimpft bzw. geboostert werden.
  6. Bildungspolitik und die Landesregierungen sollten rechtzeitig im Vorfeld des nächsten Schuljahres in einen intensiven Dialog mit allen Beteiligten, den Lehrerverbänden, Eltern- und Schülervertretungen, eintreten.